Blogger und Journalisten: Zeit für neue Diskussionen
0Die Trennung zwischen Journalist und Blogger ist immer noch präsent und wird ständig thematisiert – gerade eben wieder auf dem „Mediendialog der Lebensmittelbranche“. Gastautor Martin Goldmann war dort und meint: Es gibt viel dringendere Probleme als den Streit um ein Medium.
von Martin Goldmann
Als ich irgendwann 1985 meine ersten Texte für die Tageszeitung schrieb, hackte ich sie in eine elektrische Schreibmaschine. Mein ganzer Stolz mit einem kleinen Fehler: Sie zog das Papier schief ein. Die Manuskripte sahen entsprechend ulkig aus.
Aber die Texte fanden das Gefallen der Redakteure und wurden gedruckt. Manchmal fand ich sogar Sätze im veröffentlichten Text, die von mir stammten. War ich damals ein Journalist? Nein, sicher nicht. Bin ich heute ein Journalist? Ich weiß es nicht. Will ich einer sein?
30 Jahre später gibt es immer noch Journalisten, die der Meinung sind, dass Blogger (und da schließe ich Online Publizierende ein), also dass Blogger Amateure sind. „Bloggen ist kein Journalismus“. So hieß es auch auf der Podiumsdiskussion beim BLL im September 2015. Darauf will ich nichts mehr erwidern. Aufregen hat keinen Sinn. Wer nicht verstanden hat, dass guter Journalismus nicht mit dem Medium zusammenhängt, dem ist nicht zu helfen.
Der Abstieg des einzig wahren, guten Journalismus hat bereits mit eingangs erwähnter elektrischer Schreibmaschine begonnen. Ich meine – elektrisch! Da spürt man keinen Tastenhub. Da weiß man nicht mehr, was ein Anschlag ist. Und die Maschinen sind auch viel zu schwach, um ein ordentliches Loch in das „p“ zu stanzen. Da ist Tippen keine Arbeit. Aber gut: Wahre Journalisten schreiben eh mit Bleistift auf Papier. Oder noch besser, sie hämmern ihre Texte in Steintafeln.
Aber ich schweife ab.
Abgeschlossene Diskussionen
Zurück zum BLL-Podium. Dort war ich als Blogger für die Talkrunde über „Digitale Medien und Social Media“ eingeladen. Es ging um Blogs im Allgemeinen, um den Tippscout im Besondern, es ging um die Dynamik von Shitstorms, um die Gefahren und Chancen der digitalen Medien also. Wir sind alle zum Schluss gekommen: Am besten ist der vor dem Shitstorm gefeit, der sich rechtzeitig ein großes Publikum im Netz schafft. So weit, so gut. Im Nachhinein fiel mir auf, dass die Chancen-Risiko-Diskussion nicht zum ersten Mal geführt wurde. Vielleicht wäre es an der Zeit, einen Schritt weiter zu gehen?
Mein Vorschlag für den nächsten Mediendialog des BLL: Food Blogger einladen. Mit ihnen reden und sie erzählen lassen, wie sie ticken, wie sie schreiben, wovon sie leben und wo es Berührungspunkte gibt? Vielleicht wollen die gar keinen Journalismus machen, sondern einfach nur gute Geschichten erzählen? Da ergeben sich sicher interessante Einblicke in das Dasein der Online-Publizierenden. Und dann können wir auch über etwas reden, das viele Journalisten erstaunen wird: Auch Blogs sind Medien. Ob journalistisch oder nicht. Medien, mit denen man reden kann. Und muss.