Neuer Kurs mit dem Content Captain – ein Startup steuert um
0Fail fast – scheitere schnell. Das Startup Blogbox hält sich an diese Anweisung aus Silicon-Valley. Schon nach rund einem Jahr korrigiert es seinen Kurs. Profitieren könnten davon freie Publizisten und Blogger.
An ein Konzept glauben und es umzusetzen, ist schon eine Leistung. Doch den Mut zu finden, es schnell wieder zu hinterfragen, es wieder los zu lassen und einen neuen Kurs zu steuern, verlangt Mut. Vor rund einem Jahr ging die Blogbox-App an den Start und wollte Bloggern die Möglichkeit geben, ihre Inhalte gegen Geld an Leser zu bringen. Doch schnell wurde klar, dass es so nicht funktioniert. Was die jungen Unternehmer daraus gelernt haben, und vor allem, wie sie umsteuern wollen, frage ich Moritz Orendt, Geschäftsführer von Blogbox.
Moritz, vor über einem Jahr hast Du beim ersten Treffen, die Blogbox vorgestellt. Was war die Grundidee damals?
Die Grundidee war, dass man auch Leuten, die bisher noch keine Blogs lesen, ein Magazin schafft, in dem sie relevante Artikel von Bloggern entdecken können. Das haben wir als App für mobile Endgeräte realisiert. Damit sind wir 20. September letzten Jahres gestartet.
Wie viele Blogger sind denn derzeit Teil der Blogbox?
Aktuell sind es rund 550, täglich wachsend. Über 800 haben sich dafür angemeldet, aber Blogs, die vor allem Werbung verbreiten oder nicht gewissen Ansprüchen genügen, nehmen wir nicht auf.
Ein Teil der Blogbox war eine Bezahlmöglichkeit für die Artikel der Blogger in Form sogenannter Bonbons …
Genau. Unser Grundgedanke war, dass wir die User Experience möglichst gut und nah an einem Printmagazin gestalten. Es war uns wichtig, dass wir keine geschönte Linkssammlung sind, sondern die gesamten Texte in der App anzeigen. Darum wollten wir den Autoren natürlich auch etwas für die Texte zukommen lassen. Wir dachten an eine spielerische Möglichkeit, den Autor direkt zu entlohnen.
Dafür haben wir die Bonbons als virtuelle Währung erfunden, die dann real ausgezahlt wird. Das funktionierte so, dass der Leser sich eine Bonbonpackung im App-Store kaufte. Bei Gefallen eines Artikel konnte der Leser dann ein Bonbon an den Blogger geben und wir haben das Geld dafür weitergereicht.
Das klingt nach dem Prinzip Flattr.
Ähnlich wie Flattr, nur mit einem festem Gegenwert. Bei Flattr kommt es ja darauf an, wie oft Du auf den Flattr-Button drückst. Das Monatsvermögen wird dann durch die Anzahl der Klicks geteilt. Hast Du 1 Euro zur Verfügung gestellt und hundertmal geklickt, hat der Autor halt nur 1 Cent bekommen. Bei uns war ein Bonbon immer 6 Cent wert.
„Wir konnten mit unserer App den Mainstream nicht erreichen“
Vor ein paar Wochen haben wir uns auf der Transforming Media in Nürnberg wieder getroffen. Da sagtest Du mir, dass Ihr Euren Kurs korrigieren wollt. Welche Erfahrungen habt Ihr zwischen den beiden Treffen gemacht?
Eine nicht so schöne Erfahrung war, dass wir mit unserer App nicht den Mainstream erreichen können. Als Folge davon ließen auch die Bonbon-Zahlungen zu wünschen übrig. Es wurden in dem Jahr rund 1.600 Bonbons gekauft und davon wurden nur rund 500 an die Autoren verteilt. Das ist nicht die Größenordnung, die wir und unsere Blogger uns erhofft haben.
Das System mit den Bonbons hat sich nun nicht bewährt, ihr erreicht den Mainstream nicht. Ich fand recht charmant, dass Du auf der Transforming Media offen angesprochen hast, dass Ihr in dieser Hinsicht gescheitert seid, Ihr aber auch nicht aufgebt, sondern den Kurs korrigiert.
Die Bergsteigerschule des DAV bekommt von uns ein Kundenmagazin zu den Themen Trekking, Wandern, BergsteigenGenau. Nicht missverstehen: Die Blogbox-App wird weiter gepflegt! Aber wir haben uns für einen anderen Weg entschieden, Geld für die Blogger einzusammeln. Früher haben wir uns sehr darauf konzentriert, die Leseerfahrung des Nutzers zu verbessern – er konnte verschiedene Themen wählen, wir haben die Artikel geliefert.Jetzt wollen wir die Leseerfahrung für Zielgruppen von Unternehmen verbessern. Ein Beispiel: Einer unserer Kunde ist der DAV mit „Summit Club“, die Bergsteigerschule des DAV. Der bekommt von uns ein Kundenmagazin zu den Themen Trekking, Wandern, Bergsteigen als App für mobile Endgeräte.
Jeder Blogger in Eurem Netzwerk gibt automatisch sein Einverständnis?
Wir gewinnen einen Kunden, danach versuchen wir im Blog-Netzwerk zu werben, dass sie ihre Artikel in das Magazin einspeisen. Wir fragen also immer extra nochmal um Erlaubnis.
Tritt der Blogger damit die Zweitverwertung komplett an Euch ab?
Wir wollen nur ein zeitlich beschränktes Nutzungsrecht, das auch auf die App beschränkt ist.Moritz: Nein. Das ist nie exklusiv. Wir wollen nur ein zeitlich beschränktes Nutzungsrecht, das auch auf die App beschränkt ist. Der Artikel bleibt auch nicht beim Kunden, sondern läuft automatisch wieder aus der App raus und ist dann nicht mehr für ihn verfügbar.Also nur in der App, der Text erscheint nie im Internet.
Nein, nur in den Apps, so wird es dann auch nicht von Google indiziert. Es hat keine Auswirkungen auf den Webseiten-Traffic.
Habt Ihr schon Euer Ziel erreicht, mehr Geld an Blogger auszuschütten?
Ja. Wir haben nach drei Monaten an elf teilnehmende Blogger etwa 460 Euro ausgeschüttet. das ist immerhin schon viel mehr, als mit den Bonbons davor. Aber wir stehen da ja noch am Anfang.
Ihr seht darin einen gangbaren weg. Habt Ihr weitere Kunden in Aussicht?
Haben wir. Aber wir haben festgestellt, dass viele, mit denen wir gesprochen haben, noch nicht so mobilaffin sind. Da müssen wir noch viel Überzeugungsarbeit leisten. Darum haben wir nun auch noch ein komplementäres Produkt dazu an den Start gebracht, das letzte Woche gestartet wurde. Der Content Captain.
Der Content Captain nimmt sich eines weiteren Problems an, das Unternehmen haben: Wie und womit erreiche ich meine Zielgruppe auf Facebook? Gerade bei der Reisebranche treffen wir da auf hohe Resonanz. Denn oft haben die Unternehmen eine Facebookseite eingerichtet, sind aber ratlos, wie sie sie befüllen. Wir glauben, dass der Weg zum Erfolg sein könnte, den Facebook-Nutzern spannende Artikel anzubieten, mit denen sie unterhalten, beraten oder informiert werden. Dadurch positioniert sich das Unternehmen automatisch als Experte in seinem Thema.
Wie genau funktioniert der Content Captain, was bekommt der Unternehmer da zu sehen?
Der Content Captain präsentiert dem Unternehmer Empfehlungen zu Beitragslinks. In einer Vorschlagsliste werden zu dem vom Unternehmer gewählten Thema passende Beiträge angezeigt, die er dann per einfachem Drag&Drop auf seiner Facebook-Seite veröffentlichen kann.
Wohin wird der Leser geschickt, wenn der Content Captain eine Geschichte auf Facebook postet?
Zum Blog des Autoren. Es ist wie immer auf Facebook: Man sieht nur einen Anriss und das Bild. Es ist nur der Link zur Geschichte.
Wie sieht da die Monetarisierung aus?
Da sehen wir den Content Captain erstens als Kundengenerator, an die wir später die Apps verkaufen. Außerdem kassieren wir 20 Euro pro Monat vom Unternehmen.
Und davon bekommt der Blogger auch etwas?
Nein, er bekommt er den direkten Traffic. Geld oder Traffic, eines von beiden soll immer beim Blogger ankommen.
Das sind Eure zwei Produkte. Was kommt als nächstes?
Erstmal wollen wir die Produkte weiterentwickeln, und ganz stark darauf achten, was beim Kunden gefragt wird. Wir freuen uns, wenn viele Leute den Content Captain testen, denn im Jahr 2014 ist er noch kostenlos.
Moritz, danke für das Gespräch.