Na dann Huffingtonprost! Der erste Blogger-Dialog der Huffington Post Deutschland
7So sieht er also aus der Nähe aus, der Untergang des Journalismus: Ein Ortstermin mit den Gratisbloggern der Huffington Post Deutschland
Ich bin einer der ganz wenigen hauptberuflichen Journalisten, der bereits für die Huffington Post geschrieben hat„, stelle ich mich vor – und trete gleich ins Fettnäpfchen. Denn der nette Herr, dem ich im Foyer der Tomorrow Focus AG in München die Hand gebe, hat noch ein paar Jährchen mehr als ich als Print-Journalist auf dem Buckel. Trotzdem bloggt Oskar H. Metzger kostenlos für die Huffington Post Deutschland. Auch die nächste Blogger-Kollegin ist … tatsächlich Journalistin.
Aber dann lerne ich den bloggenden Zahnarzt und Honorarkonsul von Nicaragua, Dr. med. dent. Horst Engler Hamm, kennen, den Gamification-Spezialisten Roman Rackwitz und den Medienbeauftragten von „Christian Science“, Michael A. Seek – und viele weitere. Wir sind also ein buntes Völkchen, dass die Huffington Post zum ersten „Blogger-Dialog“ nach München geladen hat – und zunächst den neuen Newsroom der HuffPost (Großraumbüro, weiße Schreibtische, grauer Teppich, viele Macs, ein paar große Flachbildschirme an der Decke und dazwischen viele „Digital Natives“) in direkter Nachbarschaft zu Focus Online besichtigen darf. Dazu gibt’s was Leckeres zu essen und als Giveaway einen Bierkrug mit dem von Arianna Huffington zum Start in München geprägten Ausdruck „Huffingtonprost“.
Der Blogger-Dialog, dem weitere in anderen Städten folgen sollen, ist eine der ersten Amtshandlungen von Chefredakteur Sebastian Matthes, der gerade eine gute Woche an Bord ist. Und auch wenn man es nicht ganz so deutlich sagt, ist es wohl auch eine Goodwill-Offensive. Denn besonders zwischen den ambitionierteren Bloggern und der HuffPost hat es ja in den ersten Wochen seit dem Start am 10. Oktober heftig geknarzt.
Der ursprüngliche Blog-Beauftragte ist bereits nicht mehr an Bord.Nun ja, offensichtlich hat es auch redaktionsintern geknarzt, denn der ursprüngliche Blog-Beauftragte ist bereits nicht mehr an Bord. Stattdessen kümmert sich jetzt ein dreiköpfiges Team um die Blogger: Tobias Böhnke, Steven Carthy und Jürgen Klöckner (der bei unserem Besuch seinen zweiten Arbeitstag hatte). Zu erreichen sind die drei entweder per Sammel-Mail unter blog@huffingtonpost.de, vorname.nachname@huffingtonpost.de oder der Telefonnummer 089/9250-4779.
Wird ein Blog-Beitrag eingereicht, ist er spätestens 24 Stunden später online.Diese drei sollen das neue 24-Stunden-Versprechen der HuffPost Deutschland möglich machen: Wird ein Blog-Beitrag eingereicht, ist er spätestens 24 Stunden später online – die Redaktion braucht die Zeit, um die Beiträge zu überprüfen. Und offensichtlich kommen richtig viel: Rund 600 Blogger hätten sich bereits registriert, erzählt Sebastian Matthes. Rund 400 hätten bereits mindestens einmal publiziert. Entsprechend hoch sei die Frequenz, in der neue Artikel veröffentlich würden.
Ein Tipp von Tobias Böhnke: Wer seine Blog-Beiträge am Wochenende einreicht, hat aktuell die beste Chance auf eine prominente Platzierung – denn da kommen aktuell noch die wenigsten Einsendungen und man muss sich also nicht so sehr mit den anderen Blogger-Kollegen um den Platz auf der Startseite streiten.
Die Statistik auf der HuffPost-Seite täuscht. Die Differenz zu den tatsächlichen Zahlen ist noch hoch.Weitere spannende News: Der Traffic auf den Blogs, also auf Deutsch: Wie viele Leser haben unsere Beiträge tatsächlich gelesen? Wer meint, das beantwortet die Statistik auf der HuffPost-Seite, täuscht sich. Denn da gibt es noch ein technisches Problem, gesteht Sebastian Matthes. Die Differenz zu den tatsächlichen Zahlen sei noch hoch. Tobias Böhnke weiß aber, welche Blogger bereits richtig durch die Decke gegangen sind.Unbestrittene Nummer eins und damit Blogger-König ist Nathan J. Winograd mit seinem Beitrag Unfassbar: PETA tötet heimlich Tausende von Tieren und 332.883 Klicks (Views?). Hinter ihm folgt unsere Blogger-Queen: die 19-jährige Giulia Wilzewski hat es mit Jetzt Spricht Bushido – Das Interview Teil I auf 80.091 Klicks gebracht.
Als kein klassisches Medium das Interview haben wollte, veröffentlichte sie es bei der Huffington Post.Als ich das höre, schrillen bei mir die Alarmglocken. „Mensch, Mädel, damit hätt’ste doch auch Geld verdienen können, indem Du es einem Medium anbietest, das Dir dafür Geld zahlt“, sage ich mir – und kurz darauf auch ihr. Aber auf den Gedanken war sie auch schon gekommen. Wie sie mir erzählte, hat sie es bei zahlreichen traditionellen Medien versucht, die meisten aus dem Print-Bereich. Aber keiner wollte das Interview haben.
Also wurde es die Huffington Post – und jetzt hofft die Studentin, dass ihr diese und weitere Interviews im Blogbereich der HuffPost zu genug Ruhm verhelfen, dass sie vielleicht auch mal für ein Medium schreiben darf, das dafür bereit ist, zu zahlen. Ich jedenfalls drücke ihr die Daumen und hoffe auch ein bisschen, dass vielleicht einer der Kollegen, der das liest, was für sie hat…
“Wir sind die Guten”, sagt Cherno Jobatey.Immerhin ist die HuffPost nun seit etwa einer Woche in Google News gelistet – und damit auch die Beiträge der Blogger (und ich habe leider vergessen zu fragen, wie das dann wohl mit dem Leistungsschutzrecht gehandhabt wird), sagt Sebastian Matthes. Und auch Cherno Jobatey, der sich inzwischen zu uns gesellt hat, erzählt ein bisschen zur Philosophie der HuffPostDE, die einen etwas jüngeren und großstädtischeren Blickwinkel als manch traditionelles Medium einnehmen wolle. „Wir sind die Guten“, sagt er – und weist mehrmal darauf hin: „Uns gibt es erst seit zwei Monaten. Wir haben noch viel vor uns.“So wird es demnächst noch viele weitere Ressorts – die sogenannten Verticals – bei der Huffington Post Deutschland geben, zum Beispiel Sport, wo sich dann auch entsprechende Blogger wiederfinden werden.
Ob ich übrigens noch einmal für die HuffPost bloggen werde, weiß ich auch nach diesem Termin noch nicht. Vermutlich nur dann, wenn es mir geht, wie Giulia Wilzewski: Ich habe eine Story, die ich selbst ganz toll finde, für die aber kein anderes Medium bereit ist zu zahlen.
So aber habe ich zum einen meinen Spaß mit meinem ersten Beitrag gehabt, zum anderen genug Auftraggeber, die gerne bereit sind, mich für meine Arbeit auch angemessen zu bezahlen – und als „Gratis-Kanal“ dieses Blog mit einer tollen Leserschaft, bei der ich weiß, dass ich fast zu 100 Prozent meine Zielgruppe treffe.
Bis dahin sage ich: Huffingtonprost!
P.S. Vielen Dank an alle Follower und Blogger-Kollegen, die mir im Vorfeld des Dialogs ihre Fragen an die HuffPost-Redaktion geschickt haben, was ich hier nicht unterbekommen habe, schreibe ich Euch noch.
Und außerdem hoffe ich, dass deutlich wurde, dass ich „Untergang des Journalismus“ ironisch gemeint habe… ;-)
Danke für den interessanten und offenen Bericht. Meine Erwartungen und Befürchtungen zur Huffington Post Deutschland als Geier der Lüfte haben sich bestätigt.
[…] POST Lousy Pennies: Der erste Blogger-Dialog der Huffington Post Deutschland: Die Huffington Post Deutschland lädt seine Blogger-Community ein und Karsten Lohmeyer gehörte zu […]
War eine witzige Blogger-Mischung gestern nachmittag. Vom Konsul über den Extrem-Marathonläufer und die Bastel-Queen bis hin zu Bloggern ohne Blog.
Stimmung gut, locker, informativ. War schon ernst gemeint, das Treffen.
Mein Fazit (angelehnt an Cherno „erst zwei Monate“ Jobatey): alles noch jung, alles noch drin, erster Eindruck aber richtig gut.
Also: Schaumamal.
Leider musste ich vor dem informellen Teil zu meiner eigenen Weihnachtsfeier …
Peter Teuschel (der Psychiater)
Zitat: „…Also wurde es die Huffington Post – und jetzt hofft die Studentin, dass ihr diese und weitere Interviews im Blogbereich der HuffPost zu genug Ruhm verhelfen, dass sie vielleicht auch mal für ein Medium schreiben darf, das dafür bereit ist, zu zahlen…“
Diese Hoffnung ist viel älter als die Studentin selbst. Weil Sie exact den Mechanismus beschreibt, mit dem insbesondere freie Journalisten schon immer „niedergehalten“ wurden – egal wie gut sie waren und nur bis sie’s selbst mal merkten. Hat schon immer prima funktioniert, diese Bemerkungen in Honorarverhandlungen wie „Aber das hat Ihnen doch auch Spaß gemacht…“ bis „Seien Sie doch froh, Ihren Namen bei uns gedruckt/gesendet/gesonstwast zu finden…“
Nutznießer: Gestresste Redakteure, entspannte Verleger.
Gestresste: Nützliche Idioten – sorry!
Der Gewinn ist bei diesem „Geschäftsmodell“ zu einseitig verteilt – und bloggen kann jeder selbst. Und dabei zumindest selbst bestimmen, ob es gehaltvoll geschieht – oder wie ich kürzlich im Netzauftritt einer „richtigen“ Zeitung las – bei „Herumgemeine“ bleibt. Ha! Herumgemeine – spitze! Da sieht man, dass Journalismus doch noch was auch mit Sprache und Sprachwitz zu tun hat…
Habe den Huffpo-Hype von Anbeginn zur Kenntnis genommen – aber nicht einmal besucht. Warum auch sollte ich sowas durch meine Klicks aufwerten? HuffPo – abseits des medialen Hypes, den sein Eigentümer auch trefflich befördern konnte – ist die relevant?
Kann dem Eigentümer egal sein, weil Testballon! Platzt das Ding, gehen die Erfüllungsgehilfen angestellte Redakteure in die betriebsbedingte Kündigung und die Serverressourcen werden anderen Hausprojekten zugeschlagen oder als zusätzlicher Kanal für in sonstigen Objekten erstellen „Content“ aufrechterhalten – wen juckt’s.
Die Bloggis und Journis – die sich da Hoffnungen hingegeben und für die bis dato beim Eigentümer aufgelaufene Werbeknete selbst ausgebeutet haben…
[…] war es soweit. Endlich. Wie Karsten Lohmeyer auf seinem Blog berichtet, scheinen vor allem denjenigen Blogger für ihre Texte eine “prominentere Platzierung” […]
[…] Und hier ein schöner Beitrag zum Blogger-Treffen von Karsten Lohmeyer. […]
Die Huffington Post DE ist ein glatter Fehlstart. Da muß man sich doch nur die Anzahl der Kommentare auf der Seite ansehen (die Finger einer Hand reichen zum Abzählen), ganz zu schweigen von der Qualität der Artikel.