Schreib! Ein! Blog!
12Warum nur ernte ich immer diesen schrägen Blick, wenn ich freien oder angestellten Kollegen sage: “Schreib ein Blog”? Liegt es daran, dass Journalisten immer noch glauben, ein Blog sei “doch nicht Gescheites”? Ist es sehr wohl: Dein eigenes Blog bringt Dir nur Vorteile
Jeder Journalist sollte heute seine eigenen, regelmäßig gepflegten Auftritt im Internet haben. Denn …
1. In Blogs steht der wahre Qualitätsjounalismus
Es sind Menschen wie Stefan Niggemeier und sein BildBlog, Richard Gutjahr, Markus Beckedahl und viele andere, die im Augenblick den innovativen und kritischen Journalismus betreiben. Erfolgreich. In einem Blog.
Diese Art Journalismus ist in einem Verlag gar nicht möglich. Dort würde die Verwurstungsmaschine (“Die Headline muss knackiger”, “so können wir das nicht schreiben”, “der Aufhänger muss anders”) hinter dem Journalisten am Ende ein Werk herausbringen, das entweder an Biss verloren hat oder mit künstlicher Aufregung versehen wäre.
Blogger sind unabhängiger als die meisten Journalisten, die nach dem Motto arbeiten: “Die Hand, die die Hand füttert, die mich füttert, beiße ich nicht.”
2. Blogs zwingen Dich, Verantwortung zu übernehmen
Das ist das Kuschelige an einer Redaktion: Wenn es hart auf hart kommt, ist der Autor nur selten wirklich dran. Da steht ja noch der V.i.S.d.P davor – meist der Chefredakteur. Und die Rechtsabteilung. Und der Geldbeutel des Verlages.
Fehler haben aber sowieso nur wenige Chancen. Denn die Maschine hinter dem Redakteur – das Archiv, der Textchef, der Chefredakteur, die Schlussredaktion – prüft gleich noch Fakten, Namen, Internetadressen.
Eigenverantwortung? Minimal. Zurücklehnen, nächster Artikel.
In einem Blog stehst Du für Deine Geschichte gerade. Für jeden Rechtschreibfehler, für jeden Namensdreher, für jeden Fakt. Egal ob das jetzt ein Service-Artikel in einem Nischenblog oder eine politische Enthüllung in einem politischen Blog ist.
Das Tolle daran: Es sind nicht Verlag oder Redaktion, die dann den Ruhm für eine gelungene Geschichte einheimsen. Der gehört Dir ganz alleine.
Durch diese Verantwortung – im Positiven wie im Negativen – wirst Du noch sorgfältiger und genauer recherchieren und schreiben. Eben das tun, was ein Journalisten ausmachen sollte.
3. Blogs halten die Feder spitz
Ob Schreiben Kunst oder Handwerk ist egal. Übung macht in beiden Fällen den Meister. Also ran ans Werk. Blogs bieten nämlich die Möglichkeit den Zwängen zu entfliehen. Journalisten können hier andere Stilformen austesten. Nachrichten-Redakteure können sich in Tipps & Tricks versuchen, Praxis-Redakteure in Glossen – Hauptsache anders.
4. Blogs sind auch da, wenn der Arbeitgeber weg ist
Journalisten, selbst wenn sie noch in Lohn und Brot stehen, sollten auf jeden Fall anfangen sich eine eigene Webpräsenz aufzubauen. Nicht nur, weil man hier abseits des Verlagslebens eigene Erfahrungen sammelt, sondern auch weil das Blog morgen schon der Rettungsanker sein kann. Ist wie Bausparen: Heute anfangen, nach ein paar Jahren die Früchte genießen und sicherer leben.
Die Chance, dass Du Dir eine eigene Leserschaft aufbaust, die Dir folgt, Dich liest und vielleicht auch für Dich etwas bezahlt, sollte sich niemand entgehen lassen.
5. Blogs sind die besten Bewerbungsunterlagen
Selbst wenn das Blog nicht nicht direkt Geld bringt: Die Erfahrung, die Dir ein gut geführtes Blog bietet, hilft Dir später dabei einen Job zu finden. Hier kannst Du nicht nur aktuelle Artikel ungefiltert präsentieren, sondern auch frühere, gedruckte Artikel als Referenz zeigen.
Fazit: Es gibt keinen Grund, kein Blog zu haben
… oder kennt Ihr welche?
Ich stimme dir in allen Punkten zu! Blogs gehört die Zukunft und gerade für Journalisten ist es eine ideale Entfaltungsmöglichkeit, fernab von den verstaubten Strukturen der Printmedien.
Stimmt genau! Schreibe meinen Bio-Blog – endlich. Lange Zeit habe ich das Projekt immer hinten angestellt, Auftragsjobs gingen vor. Doch jetzt suche und finde ich die Zeit für was eigenes. Und ich kann das nur empfehlen. Schreib! Dein! Blog!
Ganz ehrlich: Wenn ich mich über eine Sache ärgere, dann, dass ich nicht früher damit angefangen habe. Also hört auf Stephan! ;-)
_Kleiner Schönheitsfehler:_ Markus Beckedahl ist Berater von Beruf. Man könnte ihn Publizist nennen, aber nicht Journalist. Er betreibt das Online-Äquivalent zu Lobbyarbeit – aber in einer Weise, die auf die Interessen, Sorgen und Nöte hauptberuflicher Journalisten keinerlei Rücksicht nimmt (was ja legitim ist).
Ihm ist es erkennbar wichtiger, dass diejenigen, die „frei“ und „gratis“ (im Zusammenhang mit Informationszugang) für Synonyme halten, ihn lesen. Auf Kritik, die seine Lufthoheit über Deutschlands Onlinerstammtische in Frage stellt, reagiert er schon mal bösartig bis an den Rand der Geschäftsschädigung (so ging es mir, als ich mich erdreistete, einige Desinformationen über Acta zu zerpflücken). Es gibt also keinen Grund für unsereinen, sich mit ihm zu identifizieren.
Was Richie Gutjahr und Stefan Niggemeier angeht: So erfolgreich sie mit ihren Blogs auch sind, etwas weniger selbstverliebt ginge es wohl auch. Mir liegen da bodenständige Kollegen wie Thomas Wiegold näher.
Hallo Herr Froitzheim,
Ein berechtigter Einwand. Vielleicht sollte ich lieber Thomas Knüwer anführen?
Guten Tag!
Leider taugen alle Beispiele nur für die „promote Dich als Marke“-Nummer, denn die genannten Blogger verdienen mit den Blogs kein Geld. Das ist Marketing für andere Einkommensfelder und wenn die wegbrechen, nützen diese Blogs nichts, wenn damit Geld verdient werden soll.
Da stimme ich zu. Aber es taugt eben als Promotion für andere Arbeitgeber, wenn einer wegbricht. Zudem gibt es ja Blogbereiche, in denen sehr wohl Geld verdient werden kann.
Naja, einen Grund gibt’s: sie kosten Zeit :) Es ist, als ob man sich ein Haustier anschafft – mit dem Anschaffen ist es nicht getan, man muss sich regelmäßig darum kümmern – und man muss es lieben. Wieder zum „Amateur“ im ursprünglichen Sinne des Wortes werden – und darin liegt ja der Charme der Blogs – siehe oben: Feder spitz halten. :)
Eine Sache sollten wir aber doch nicht unter den Teppich kehren: Die Niggemeiers, die Gutjahrs, die Don Dahlmanns, die Weinreichs und – meinethalben – sogar die Knüwers dieser Republik: sie sind Vorbilder, aber das, was ihr Blog für sie tut, werden wir aus der zweiten oder dritten Reihe nie erreichen. Die Online-Welt ist ja bekanntlich eine Welt, in der du (um Richard Gutjahr zu zitieren) eine Sache entweder besser oder schneller als alle anderen können musst, um wahrgenommen zu werden – auch das gehört IMHO zur Wahrheit übers Bloggen: gehört man nicht zur Handvoll der Top-Namen, bloggt man an ganz vielen Tagen vor ziemlich leeren Rängen.
Meine Meinung: Ich würde niemals ein Blog nicht schreiben, nur weil die Knüwers und Gutjahrs es schon tun. Das Internet ist nämlich auch weiträumig und innovativ. Wenn man also guten Inhalt und neue Sichtweisen publiziert und sich gleichzeitig vernetzt via Social Media und Blogs, dann kann (!) jeder mitspielen und sich einen Namen machen. Man kann ja auch erster in einer neuen Nische sein. Neue Möglichkeiten tun sich ständig auf.
Auch die Topnamen haben irgendwann angefangen, als es noch andere Topnamen gab. Wer versucht, kann verlieren. Wer nicht versucht, hat schon verloren.
Aber richtig: Eines darf man sicherlich beim Bloggen nicht erwarten: Dass der Erfolg schnell kommt. Es dauert Zeit, und die muss man investieren können und wollen. Und es gibt sicher keine Garantie für Erfolg. Aber wo gibt es die schon?
„Bloggen“ tue ich seit 2003 (ohne jemals Journalist gewesen zu sein) und habe auch nie versucht, davon zu leben. Traditionell verwenden Blogs in ihren Texten viele Links zu anderen Blogs/Quellen/Erklärungen und haben dabei manchmal eine gute Schreibe. Oder andersherum gesagt: Wenn Journalisten bloggen, liest sich das zwar toll, aber die „Seele des Internet“, das Verlinken und damit das Einladen zum Selbst-Weitergraben, die fehlt mir dort (und hier).
Aber bitte weitermachen, ich lese hier gerne mehr!
Aus eigener Erfahrung als Anfänger-Bloggerin kann ich sagen: Es ist manchmal einfacher, als Journalistin einen Text für einen konkreten Auftraggeber als etwas für den eigenen Blog zu schreiben. Mir gehen die Themen zum Warmup & Cooldown zwar nicht aus, aber die Frage ist doch immer wieder: Wie bringe ich meine Meinung und meine Tipps rüber? Welche Fotos gefallen mir? Bleibe ich auch im Blog objektiv oder traue ich mich, die bekannten Pfade als Journalistin zu verlassen und etwas eigenes Neues auszuprobieren? Das ist jedesmal wieder ein spannender Selbstversuch, den ich jedem Journalisten wärmstens empfehlen kann.
[…] haben bereits darüber geschrieben, warum es für Journalisten sinnvoll ist, eine eigene Webseite oder ein Blog […]