Persönlichkeitsrecht im Text: Ein virulenter Drahtseilakt für den Autor
0Es verläuft ein schmaler Grat zwischen angemessener Berichterstattung und Persönlichkeitsrechtsverletzung. Wie Journalisten hier nicht abstürzen, verrät Ralph Günther von unserem Sponsor exali.de in diesem Beitrag.
Von Ralph Günther
Raus aus dem Journalistenbüro und rein ins Geschehen! Einen Journalisten hält nichts an seinem Schreibtischstuhl. Er muss raus in die Welt, jederzeit bereit, seinen Notizzettel zu zücken, um das gerade Erlebte festzuhalten, Stimmen einzufangen, Zeugenaussagen zu notieren, damit ihm keine Meinung, keine Atmosphäre entwischt. Und dann ab ins Büro: Beitrag schreiben! Doch aufgepasst! Genau hier liegen viele Stolpersteine, die es nicht einfacher machen, den schmalen Pfad zwischen Tatsachen, Meinungen und den Grenzen zur Beleidigung zu finden. Dass ein Journalist hier tatsächlich stolpert, passiert oft schneller als es die Block-Notiz überhaupt in den fertigen Text schafft.
Besonders in die Falle Persönlichkeitsrechtsverletzung tappen Journalisten, Blogger und Newsportale häufig. Warum es selbst mit umschreibenden Beschreibungen der Umstände statt der direkten Namensnennung schwierig ist, die Balance auf dem Persönlichkeitsrechts-Drahtseil zu halten, verrät Versicherungsexperte Ralph Günther.
Menschen berühren und nicht verletzen
Reporter sind nah dran, am besten live vor Ort. Ihr Kodex: Wahrheitstreue! Die Menschen sollen morgens die Zeitung aufschlagen und glauben dürfen, was sie dort lesen. Doch ganz so einfach umzusetzen, ist das gar nicht: War die Recherche sorgfältig genug? Was darf eigentlich veröffentlicht oder zitiert werden, um das Persönlichkeitsrecht des Menschen nicht zu verletzen? Immerhin handelt es sich dabei um ein Grundrecht, das dem Schutz der Persönlichkeit einer Person vor Eingriffen in ihren Lebens- und Freiheitsbereich dient.
Damit sie hier einem Fallstrick entgehen und das Persönlichkeitsrecht schützen, versuchen Journalisten meist mit gekonnten Um- und Beschreibungen, die betreffende Person zu charakterisieren, ohne ihren Namen zu nennen. Attribute wie Wohnsitz, Berufsbezeichnung oder Alter erweisen sich als gelungenes Hintertürchen. Blöd nur, wenn der Griff ins „Beschreibungskästchen“ etwas zu tief war und sich die Identität des Betroffenen völlig mühelos ermitteln lässt.
Persönlichkeitsrechtsverletzung – ein Arzt klagt an!
Erst kürzlich stellte ein Arzt einen Verlag mit Onlineportal genau aus diesem Grund an den Pranger. Wie AfP, die Zeitschrift für Medien- und Kommunikationsrecht, berichtet, veröffentlichte besagter Verlag ein Interview, das eine Patientin nutzte, um ihrem Ärger über den Arzt Luft zu machen. Das gefiel diesem so gar nicht, weshalb er den Verlag auf Unterlassung verklagte – in erster Instanz zurecht.
Offenlegung
Autor Ralph Günther ist Gründer und Geschäftsführer unseres Sponsors exali.de (Affiliate-Link). Im Rahmen unseres Sponsorings haben wir vereinbart, dass Ralph Günther etwa alle drei Monate Gastbeiträge für LousyPennies schreibt, die sich ausschließlich um fachliche Themen drehen dürfen. Ist uns ein Beitrag zu werblich oder erscheint er uns redaktionell irrelevant, können wir ihn ablehnen. In diesem Beitrag geht es zwar ausdrücklich um Media-Haftpflichtversicherungen, die unser Sponsor anbietet, wir weisen aber ausdrücklich darauf hin, dass es noch andere Anbieter gibt und sich jeder an einer solchen Versicherung Interessierte eine eigene Meinung bilden sollte. Alle Hintergründe zu unserem Sponsoring und auch den Sponsoring-Vertrag findet Ihr hier.
Doch das war auch nur ein Etappensieg, denn jetzt urteilte das Oberlandesgericht Celle (Urteil vom 13.05.2015, Az.: 13 U 177/14), dass der Verlag für die streitgegenständlichen Äußerungen gar nicht verantwortlich ist. Zwar sind die Äußerungen der Dame tatsächlich persönlichkeitsverletzend, da der betroffene Arzt für einen Großteil der Leserschaft auch ohne namentliche Nennung, aber aufgrund der mitgeteilten Umstände (Praxissitz und genaue Berufsbezeichnung) gut zu identifizieren war. Die Äußerungen hatte sich der Verlag jedoch nicht zu Eigen gemacht, sondern lediglich ohne Wertung oder Stellungnahme zitiert.
Journalisten, seid gewarnt: Rechtsverletzungen brechen eure Federn!
Puh, nochmal Glück gehabt. Aber auch nur, weil die kritischen Äußerungen eben nicht aus der Feder des Journalisten selbst geflossen sind, sondern aus dem Mund der Interviewpartnerin stammen. Journalisten, Blogger und Newsportale sollten diesen Vorfall aber dennoch als Warnung sehen und ihre Alarmglöckchen auf hochsensibel trimmen, denn nicht immer geht es für sie so glimpflich aus. Die Verletzung von Persönlichkeitsrechten ist der Medienbranche sicherlich nicht fremd. Tritt diese ein, ist aus versicherungsrechtlicher Perspektive mit einem enormen Vermögensschaden zu rechnen; in einem spektakulären Fall von Eingriffen in die Persönlichkeitsrechte kassierte die schwedische Prinzessin Madeleine einen einmalig hohen Schadenersatz von 400.000 Euro. Deshalb sollten Journalisten lieber auf Nummer sicher gehen und sich mit einer geeigneten Berufshaftpflicht wappnen. So können sie auch die Ruhe bewahren, wenn doch einmal eine Abmahnung (beispielsweise aufgrund einer Persönlichkeitsrechtsverletzung) ins Haus flattert.
Über den Autor
Ralph Günther, geboren 1972, ist Fachautor, Versicherungsexperte und Gründer sowie Geschäftsführer von exali.de (Affiliate-Link), dem Versicherungsportal für Dienstleister und freie Berufe. Er hat langjährige Erfahrung im Riskmanagement und der Versicherung von Textern, Journalisten, Online-Publishern und Bloggern, wie auch gestandenen Werbe- und Medien-Agenturen.
Sein Fokus liegt auf der Absicherung von Vermögensschäden – und damit verbunden der Weiter- und Neuentwicklung von Versicherungskonzepten für das (New) Media Business. Sein Wissen gibt er regelmäßig als Autor in relevanten Fachmedien und seinem eigenen Blog an seine Zielgruppe weiter.