10 Gründe, warum Journalisten auf keinen Fall bloggen sollten…
15… die aber eigentlich gar keine Gründe sind, sondern nur Ausreden.
Wenn ich gewusst hätte, was das Bloggen mit mir macht, hätte ich viel früher damit angefangen.“ Wer mich in den letzten eineinhalb Jahren getroffen hat, hat diesen Satz vermutlich aus meinem Mund gehört. Ich sage ihn gerne. Ich sage ihn oft. Ich sage ihn mit voller Überzeugung. Denn seit der Gründung von LousyPennies.de am 5. Dezember 2012 hat sich mein Leben verändert. Laut Auskunft anderer Kollegen sind Stephan Goldmann und ich schon zu so etwas wie Marken im Netz geworden.
Wir haben uns als Experten für das Thema „journalistischen Markenaufbau durch Bloggen“ und „Geldverdienen für Journalismus im Netz“ positioniert – und wir verdienen bereits auch mit LousyPennies.de Geld im Netz. Trotzdem treffe ich immer wieder Journalistinnen und Journalisten, die mir sagen, „Bloggen bringt doch nichts“.
Und dann haben sie Tausend Gründe, warum sie das zwar ganz toll finden, was Kolleginnen und Kollegen wie Richard Gutjahr, Jessica Weiß, Julian Heck, Tobias Gillen , Ulrike Langer und Christian Jakubetz so machen, aber selbst niemals mit dem Bloggen anfangen könnten.
Ich habe mal die zehn häufigsten Gründe aufgeschrieben – und was ich darauf antworte.
1. Ich habe kein Thema
Ok, was warst Du nochmal von Beruf? Journalist? Wo kommen denn in Deiner Redaktion die kleinen Themen her? Aus dem luftleeren Raum? Du arbeitest frei? Aha, dann braucht man offensichtlich keine Themen…
Ok, Spaß beiseite: Die Themenfindung gehört zu den Grundqualifikationen einen Journalisten. Wer journalistisch denkt und mit offenen Augen durch die Welt geht, wird an jeder Straßenecke Themen finden – und auch, wenn dabei natürlich viel fürs „Daily Business“ in der Redaktion verbraten wird, sollte doch noch genug für ein eigenes Blog übrig bleiben.
Tatsächlich würde ich jedem empfehlen, der ernsthaft über ein professionelles Blog (ich nenne es lieber Web-Magazin) nachdenkt, sich ein möglichst spitzes Herzensthema zu suchen und mit seiner persönlichen Note darüber zu berichten. So wie zum Beispiel Franz Neumeier, der sein Hobby Kreuzfahrten mit seinem Magazin Cruisetricks.de zum Hauptberuf gemacht hat.
2. Das liest doch keiner
Wieso denn nicht? Und was ist keiner? Es reicht ja schon, wenn die eine Person liest, die wichtig für Dein berufliches Fortkommen ist. Nämlich Dein nächster Chef oder Auftraggeber.
Tatsächlich erfordert der Aufbau einer persönlichen Reichweite im Netz Geduld. Viel Geduld. Aber wer dran bleibt, etwas darüber lernt, wie Google funktioniert und vor allem die tollen Möglichkeiten nutzt, die die sozialen Netze Journalisten bieten, dem gelingt es auch von Monat zu Monat Reichweite aufzubauen.
Schau Dir einfach mal diese Statistik an.
Es ist die Besucherstatistik von Lousypennies.de. Sie zeigt, dass wir im Januar 2013 gerade mal 866 Seitenabrufe (Views) hatten. Im ganzen Monat. Schon im Oktober 2013 waren es 34.986 Seitenabrufe. Im Mai 2014 waren es 13.160. An einem einzigen Tag!
Ein einziger Artikel, nämlich dieser hier, wurde im Mai fast 35.000 Mal gelesen.
Hätten wir im Januar 2013 aufgegeben, dann würde heute diesen Artikel wirklich keiner lesen.
3. Damit verdiene ich kein Geld
Ja das stimmt. Zumindest, wenn Du über Nacht Geld verdienen willst. Doch die vielen Beispiele auf LousyPennies.de zeigen, dass es sehr wohl möglich ist, Geld mit einem Blog zu verdienen – wenn man den entsprechenden Biss mitbringt.
Was man dabei nur nicht vergessen darf: Geld verdienen mit dem Netz funktioniert nicht immer auf den althergebrachten Wegen. Für viele Blogger ist ihre Präsenz im Netz nur eine die wichtigste Werbeplattform, über die sie an andere Aufträge in der realen Welt kommen. Man muss also erstmal Zeit und Geld investieren, bevor es sich an ganz anderer Stelle rechnet.
Das können Artikel in Print- und Onlinemedien sein, Vorträge bei Fachveranstaltungen, Buchveröffentlichungen und und und. Wir von LousyPennies.de haben inzwischen nicht nur Sponsoren gefunden, sondern veranstalten zum Beispiel auch Seminare, wie unser Einsteiger-Seminar für Blogger (Achtung, Werbung!).
Es gibt aber zahlreiche weitere Möglichkeiten, als Journalist auf seriöse Art und Weise Geld im Netz zu verdienen.
4. Blogger sind doch alles Selbstdarsteller
Ja, aber nicht alle. Während sich einige bekannte Größen der Bloggerszene gerne als Personenmarken präsentieren, gibt es zahlreiche andere, die nicht sich selbst, sondern ihre Themen präsentieren. Und auch die sind erfolgreich.
Es ist also allein Deine Entscheidung, ob Du Dich selbst als Marke aufbaust, oder eben Dein Produkt.
5. Ich habe Angst, mich lächerlich zu machen
Tja, diese Gefahr besteht – wenn Du kein Profi bist. Und selbst wenn Du Profi bist, sorgen ja in den meisten Redaktionen viele andere Profis dafür, dass das Produkt am Ende hochprofessionell wirkt und Fehler weitestgehend ausgemerzt sind. Im Netz gibt es hingegen selten einen doppelten Boden.
Hier gibt es niemanden, der Dich vor Dir selbst schützt. Aber auch niemanden, der Dir vorschreibt, was Du zu tun oder zu lassen hast. Also besteht natürlich die Gefahr, dass der Leser und die Leserin erkennen, dass Du kein Journalistengott bist, sondern eben auch nur mit Wasser kochst. Ich persönlich glaube, dass Du Dich in diese Gefahr begeben solltest, wenn Du Dich für einen professionellen Journalisten oder Journalistin hältst. Wer Angst vorm Dschungelcamp-Effekt hat, der sollte sich fragen, ob er seinen Beruf wirklich beherrscht.
Und noch ein Tipp: Nirgendwo steht geschrieben, dass Blogger Einzelkämpfer sein müssen. Stephan und ich arbeiten auch zusammen an LousyPennies.de – und lesen unsere Texte gegen. Damit, dass wir trotzdem regelmäßig von unseren Lesern auf peinliche Fehler hingewiesen werden, müssen wir leben. (Konkretes Beispiel: Dieser Artikel hatte peinlicherweise zunächst nur 9 statt 10 Punkte und Christian Jakubetz hieß Stefan – so lange, bis mich Kollegen darauf hingewiesen haben.)
6. Ich habe Angst vor Abmahnungen und anderem rechtlichen Ärger
Ja, stimmt: Als Blogger hat man keine Rechtsabteilung hinter sich, die einen Artikel vor Veröffentlichung auf rechtliche Probleme checkt – und nach Veröffentlichung eventuelle Rechtsstreitigkeiten ausficht. Aber auch hier wieder meine Antwort an alle Journalisten: Presserecht ist Presserecht, auch im Internet.
Als Journalist sollte man entsprechend im Umgang mit Urheber- und Persönlichkeitsrechten geschult sein – und sollte deshalb nur wenig zu befürchten haben. Es gilt der Ausspruch von Prof. Dr. Gero Himmelsbach:
Nun ja, wenn man auf die Straße geht und dauernd Angst hat überfahren zu werden, dann wird man auch überfahren. Also sollte man zunächst die Angst ablegen. Und dann einfach überlegt vorgehen und die Straßenverkehrsregeln kennen. Ich glaube, dass es viele Blogger gibt, die einfach zu schnell über die Straße laufen und dann von einem Anwaltsauto überfahren werden…
Wer dennoch Befürchtungen hat, der kann ja auch eine Rechtsschutzversicherung abschließen, wie sie zum Beispiel (Achtung Werbung!) unser Sponsor exali anbietet, aber auch ein paar andere Spezialmakler und Versicherer. Eine Checkliste, was eine gute Rechtsschutzversicherung für Blogger können muss, hat Ralph Günther von exali hier für uns verfasst.
7. Dann habe ich plötzlich lauter Trolle am Hals
Trolle, Hater und wie man die unangenehmen Zeitgenossen nennen mag, die einem die Kommentarfunktion in Blogs und auf Facebook verleiden, sind tatsächlich ein Problem. Aber kein unlösbares.
„Do not feed the Trolls“, heißt es so schön, füttere die Trolle nicht. Aber ja, vieles, was die hasserfüllten Kameraden da im Netz schreiben, kann einen emotional heftigst berühren. Aber aus Angst vor Trollen nicht zu bloggen – das wäre ja noch schöner. Wichtiger ist es, eine gute Strategie im Umgang mit diesen unangenehmen Zeitgenossen zu entwickeln – und im Zweifelsfall Troll- und Hass-Kommentare einfach zu löschen. Denn das ist keine Zensur, sondern einfach nur Hausrecht, wie uns der Medienrechtsanwalt Prof. Dr. Gero Himmelsbach verraten hat.
8. Ich habe keine Zeit
Ich auch nicht. ;-) Trotzdem tue ich es, wann immer ich es kann. Es lohnt sich. Ich schaue dafür z.B. keinen „Tatort“ und investiere diese Zeit lieber in etwas Sinnvolles. Und nein, ich meine jetzt nicht „Game of Thrones“.
Als Medienmensch bin ich ja ziemlich oft unterwegs – im Flugzeug, in der Bahn und mit dem Auto. Und dann nutze ich die Zeit auf Reisen auch schonmal, um einen Blog-Artikel zu schreiben – und wenn’s auf dem Beifahrersitz eines Autos ist (Beweisfoto links). Den ersten Artikel für LousyPennies habe ich übrigens auf einem iPad im Weihnachtsmarktstand meiner Frau stehend geschrieben, während ich zwischendurch ein paar Kunden bedient habe.
9. Bloggen ist doch kein Journalismus
Und die Erde ist eine Scheibe. Natürlich ist Bloggen Journalismus – wenn man es mit journalistischem Ansatz und mit journalistischer Ethik betreibt. Auch wenn manche staatliche Stellen das schonmal anders sehen mögen.
Denn während Bloggen zum einen nichts anderes meint, als eine Technologie, die es jedermann erlaubt, einfach und schnell im Internet zu veröffentlichen, ist dieses Werkzeug in den Händen einer Journalistin oder eines Journalistin urjournalistisch.Es kommt einfach darauf an, was man damit macht.
10. Ich verstehe die Technik nicht
Ja, das ist tatsächlich ein Problem. Aber ebenfalls nicht unlösbar. Blogging-Dienste wie Medium oder Tumblr sind kostenlos, kinderleicht und in wenigen Minuten am Start. Auch die bekannte Blogging-Software WordPress bietet unter wordpress.com einen ähnlichen Gratis-Service. Aber dennoch würde ich persönlich immer zur „großen Lösung“ raten – einem so genannten „self hosted“ WordPress.
Tatsächlich hilft einem technisch einigermaßen versierten Nutzer in diesem Fall Google. Denn da draußen gibt es Dutzende von brauchbaren Anleitungen, wie man WordPress installiert. Auch auf Youtube finden sich viele Videos zu diesem Thema. Oder Ihr besucht ein WordPress-Seminar. Habe ich schon erzählt, dass wir gerade so etwas anbieten? ;-)
Mein Fazit:
Jeder Journalist sollte sich seine persönliche Strategie fürs Netz überlegen. Ob das gleich ein eigener Blog oder „nur“ eine Präsenz in den sozialen Netzwerken ist, sei mal dahingestellt. Auf jeden Fall erwirbt sie oder er dabei nicht nur die zunehmend wichtiger werdenden digitalen Kompetenzen, sondern schafft für sich und seine Themen auch die nötige Sichtbarkeit, um künftig erfolgreich arbeiten zu können.
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zu Punkt 3:
Super-Idee, mit dem freigelassenen Platz für Punkt 3 jedem Leser/jeder Leserin die Möglichkeit zu geben, den eigenen, ganz persönlichen Grund fürs Nicht-Bloggen reinzuschreiben, z. B.:
„Perfekt ist ein Text nie, irgendein Fehler wird immer drin stecken und es gibt genug Besserwisser, die nur darauf warten, mich auf diesen Fehler hinzuweisen.“
Entgegnung darauf s. Punkt 6 oder: „Gerade der Austausch über ‚Fehler‘ kann neue Dinge in Gang setzen, Neues entstehen lassen …“
Egal wie: Ich bin gespannt darauf, wie der beste Vorschlag für Punkt 3 aussieht – schließlich sollen es ja zehn Punkte bleiben und nicht mehr werden, oder nicht?
*** Vielen Dank für die anregenden Worte zum Sonntag, mirjam
Hab ich echt einen vergessen? Shame on me! ;-)
Und jetzt sind es auch tatsächlich 10 Punkte, vielen lieben Dank nochmal für den Hinweis, liebe Mirjam :-)
Brrrr…beim Wort „Marke“ graust es mich nach wie vor…bekannt werden heißt ja keinesfalls reich werden, sondern nur viele Neider an der Backe zu haben…meist Leute mit mehr Geld und Macht…
Naja, zumindest ist Bloggen unkritischer als E-Mails verschicken. Denn die können von Dritten einkassiert werden. Was öffentlich geschrieben ist, kaum. Nur mag man nicht alles öffentlich schreiben…
[…] Heute mal eine Anleihe bei Lousy Pennies. Spricht mir aus der Seele: Zehn Gründe, warum Journalisten nicht bloggen sollten […]
Kann ich alles so unterschreiben – vor allem das mit der Geduld. In meinem Fall hat es über vier Jahre gedauert, bis ich meine Nische (LED-Beleuchtung) gefunden, wirklich ausgefüllt habe und dann auch wegen der stark gestiegenen Abrufzahlen vermarkten konnte (seit Anfang des Jahres). Dass jetzt tatsächlich etwas Geld ‚reinkommt, war allerdings bis Ende 2013 nie konkret geplant – vielleicht ist das ja auch eines der „Erfolgsgeheimnisse“. ;-)
[…] 27.7. 10 Gründe, warum Journalisten auf keinen Fall bloggen sollten … (Lousy Pennies) […]
Noch ein Resultat des „Gegenleserns“, also des Crowd-based-Zwiebelfischens: Statt „ausfechtet“ würde ich ja „ausficht“ schreiben. ;-)
Danke, Ulf! :-)
Ich finde die Headline peinlich. Als Medienjunkie ahnt man schon was kommt und tatsächlich war es dann schon mit dem Untertitel klar: Doofe Bauernfängerei im Stile dieser 10-Top-Blablabla… Wäre der Titel »ehrlich« gewesen, dann hätte ich den Artikel gelesen. So nicht. #Fail
Was ist besser als URL? Den eigenen Namen oder das Thema? Ich sehe pro und contra für beide Strategien. Was denkt ihr? Vielleicht mal ein separater Beitrag zu dem Thema?
Ich denke, es kommt immer darauf an, ob man sich selbst als Marke in den Vordergrund stellen möchte, oder das „Produkt“. Beides kann Sinn machen – und sicher auch ein eigener Beitrag.
Die URL hat inzwischen keine große Bedeutung mehr für die Suchergebnisse. Wichtiger sind die richtigen Keywords, die natürlich sowohl Name als auch Themen umfassen können. Bestes Beispiel: stadt-bremerhaven.de – ein Blog, das nichts mit Bremerhaven zu tun hat und dennoch ein Top-Performer bei IT/Gadget-Themen ist.
Stimmt. Meine Frau hatte heute morgen ein Chrome-Problem, und Caschy stand auf Platz 1 oder 2 der Google-Trefferliste. Als ich ihr sagte, sie könne getrost die Stadt Bremerhaven anklicken, hat sie komisch geschaut. ;-)
Danke für eure Rückmeldungen.