Ob Online oder Print: Warum Journalismus in beiden Welten eine Perspektive hat
2Weder Print noch Online werden in den nächsten Jahren von uns gehen. Und das ist auch gut so. Denn in beiden stecken mögliche Aufträge und Geldquellen für Journalisten.
Warum man mit Online-Journalismus kein Geld verdient – Jens Rehländer, ehemaliger Redaktionsleiter bei GEO.de und jetzt Kommunikationsleiter der Volkswagen-Stiftung äußert sich in einem vielbeachteten Beitrag sehr düster. Ganz so negativ sehen wir von LousyPennies die Zukunft online nicht. Ein paar Gedanken zur Situation des Journalimus.
Es geht um Menschen
Da ist zunächst der Begriff des Journalismus. „Ismen“ klammern meist die Menschen aus – hier die Journalistinnen und Journalisten. Wir sehen im Augenblick viele Kollegen, die in den letzten Wochen, Monaten und Jahren ihren Job bei einem alteingesessenen Verlag verloren haben. Kollegen, die nicht sofort wieder eine Stelle andernorts finden.
Das ist die Lage der Journalisten – nicht des Journalismus. Wäre es da nicht gut, wenn sie eine Perspektive hätten?
Wir Journalisten fechten keinen Grabenkampf
Schwarzweißdenken in Sachen Print und Online ist nichts, dessen wir Journalisten uns verschrieben haben. Tatsächlich kenne ich kaum einen Kollegen, der allen Ernstes propagiert, Print sei tot und Online das einzig wahre Medium
Ein Artikel bei einer Fachzeitschrift bringt mehr ein als die Monatseinnahmen meiner WebseiteMir zum Beispiel ist durchaus bewusst, dass ein vierseitiger Artikel bei einer Fachzeitschrift mehr einbringt als ich Monatseinnahmen mit meiner Webseiten habe. In Addition der beiden aber lebt es sich bereits davon. Das ist eben eine (!) Möglichkeit, wie man als freier Journalist in Summe besser verdienen kann. Vom Markenaufbau des Journalisten, wie ihn zum Beispiel Kollege Neumeier betreibt, ganz zu schweigen.Ich denke also, dass allen mittlerweile bewusst ist, dass weder Print noch Online in den nächsten Jahren von uns gehen werden. Und das ist auch gut so. Denn in beiden stecken mögliche Aufträge und Geldquellen.
Der Printmarkt: Eine Blase, die bald platzt
“Nie gab es mehr gedruckte Medienvielfalt”, schreibt Jens Rehländer in seinem Beitrag. Auf den ersten Blick ist das richtig und wir alle hören von den Erfolgsgeschichten der Landlust oder des Beef-Magazins.
Doch schon der zweite Blick offenbart, dass diese beiden Magazine nicht typisch für die gesamte Lage sind. Denn was wir im Augenblick am Printmarkt erlebt haben, ist eine Schwemme billig produzierter Zeitschriften und Me-Too-Titel.
Schauen wir uns alleine die Liste der Printtitel im IT-Bereich an und summieren die Publikationen zu den Themen Android, iPhone und iPad. Fast jeder Verlag hatte in den letzten zwei Jahren mehrere Hefte dazu auf dem Markt. Die verkaufte Auflage lag pro Ausgabe meist unter 30.000 Exemplaren. Oft deutlich weniger.
Oder nehmen wir die Regenbogenpresse. Hier haben die Kollegen von Topfvollgold.de gerade einen Beitrag zum Thema.
Die Print-Massenware entsteht meist unter widrigen Bedingungen für JournalistenDamit sich solche Massenware rentiert, entsteht sie meist unter widrigen Bedingungen für Journalisten. Kleine Redaktionen, die für wenig Geld unter hohem Zeitdruck wahrlich keine Meisterwerke veröffentlichen können.Aus meiner Sicht haben wir es mit einer Print-Blase im Sektor der Billigmagazine zu tun, die dem Grosso und den Verkaufsstellen schon Probleme bereiten und ihr Potential längst nicht mehr ausschöpfen können – die Frühremissionen vieler Magazine belegen das.
Die Rolle der Verlage und Verleger
Rehländer schreibt: “Auch die Großen ahmen nach statt zu erfinden”. Hier kann ich von ganzem Herzen Recht geben. Und er führt Printmarken an, die aufgrund ihrer Strahlkraft so wichtig für den Erfolg des jeweiligen Online-Auftritts sind. Auch das kann ich so unterschreiben.
Ich wünsche mir mehr Risikofreudigkeit der Verlage im Online-Bereich und auch einmal ein langes Durchhaltevermögen. Denn auch wenn das Internet ein schnelles Medium ist, ein erfolgreiches Internetangebot aufzuziehen dauert Jahre und ist ein hartes Brot. Darum ist es ebenso viel einfacher, eine etablierte Printmarke online zu stellen. Zudem haben die meisten erfolgreichen Marken das frühzeitig getan.
All diese Arbeit hat nicht mit einem Durchbruch zu tun, und selten mit einem Format, wie das von Rehländer angeführte “Snowfall” der New York Times, das inzwischen als Vorbild für modernes, journalistisches Storytelling im Netz gilt. So etwas ist schön, aber niemand würde darin einen Durchbruch sehen oder eine gigantische Erlösquelle. Auch Jochen Wegener, auf dessen Publikation Zeit.de gerade wieder eine solche schöne Geschichte läuft, und Stefan Plöchinger haben nichts dergleichen gesagt, als es bei der Diskussion der Digital Media Women darum ging.
Bleiben wir kurz bei den Verlegern: Viele verwechseln die Verlage mit einer Trutzburg des Journalismus, die ihnen Zuflucht gewährt. Doch wie es halt so ist mit Burgen: Innen ist es eng und dunkel. Will sagen: Die Arbeitsbedingungen (Großraumbüros, unbezahlte Überstunden, gestrichene Ausschüttung von Zweitverwertungshonoraren, etc. pp) haben sich in diesen Burgen drastisch verschlechtert. Und das obwohl viele Verlage als Ganzes rentabel sind – die Zeitschriften, die gerade Springer an die Funke-Gruppe verscherbeln möchte, haben noch zweistellige Renditen erwirtschaftet.
Verleger bemühen sich nicht per se um den JournalismusDas liegt am Missverständnis, dass sich Verleger um Journalismus oder Journalisten per se bemühen würden. Viele Verleger jüngerer Ausprägung sehen ihre eigene – legitime – Rolle vielmehr darin Gewinn zu machen, wie zum Beispiel auch der Zwischenruf von Hubert Burda auf dem DLD klarstellt.Innerhalb der Verlage sitzen an den Schlüsselstellen daher längst keine Blattmacher mehr, sondern Kaufleute und Controller. Die Zahlen müssen stimmen und oft geht es gedanklich nicht über den Horizont von einem Jahr hinaus – auch wenn hier rühmliche Ausnahmen die Regel bestätigen.
Innovation dürfte seitens eines Großteils der Verlage also wirklich nicht zu erwarten sein (umso schöner, wenn man dann überrascht wird).
Die Zukunft: Was ist die Lösung?
Doch was passiert nun mit all den Kollegen? Was passiert mit den Menschen, die von WAZ, von Weltbild, von Springer, von Burda und Co. entlassen wurden? Wie können sie auf einem schrumpfenden Arbeitsmarkt das Beste herausholen?
Sollten wir aufhören, im Internet Innovationen zu versuchenZumal tatsächlich eine junge Elite nachrückt. Der von Rehländer angeführte Nachwuchs auf Journalistenschulen will tatsächlich zu Print – eine Erkenntnis, die sogar Karsten als Dozent immer wieder erstaunt. Leider ist die bloße Anwesenheit dieser Schüler kein Beleg für die Zukunft des (Print-)Journalismus. Im Gegenteil: Es dürfte den Arbeitsmarkt deutlich erschweren. Wo viel Angebot, da geringere Bezahlung.Es gibt keine einheitliche Lösung.
Es ist tatsächlich so: Es ist weder einen Durchbruch zu erwarten, noch kann irgendwer seriös ein Heilsversprechen für Journalisten und den Journalismus abgeben. Doch sollten wir deshalb aufhören, im Internet Innovationen zu versuchen, wenn es um den Journalimus geht?
Ich meine ganz im Gegenteil.
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