Buzzfeed & Co.: Doch, das ist Journalismus!
3“Ist das Journalismus”, fragte das Medienmagazin Zapp jüngst in Hinblick auf Buzzfeed. Eine Frage, die ich häufig über neue Medienangebote höre. Doch wie sinnvoll ist sie überhaupt?
Ob Huffington Post, Buzzfeed, Upworthy … immer wieder taucht diese seltsame Frage auf: Ist das noch Journalismus? Zuletzt gehört im Interview, das Daniel Bröckerhoff mit Jochen Wegener für das Medienmagazin ZAPP geführt hat. Wo die Frage in einem Magazin, das sich ausschließlich um Medien dreht, noch gerechtfertigt erscheint, ist sie aber in den meisten Fällen so unnötig wie sinnbefreit. Aber gehen wir ihr anhand von Buzzfeed doch einmal beispielhaft nach.
Eine Definition des Journalismus ist gar nicht einfach, denn es gibt unterschiedliche Berufsbeschreibungen von diversen Verbänden und Institutionen. Während dabei die einen den moralisch ethischen Aspekt betonen, gestehen andere dem Journalismus auch unterhaltende Elemente zu. Versuchen wir es trotzdem.
Walther von La Roche fasst in seinem Standardwerk “Einführung in den praktischen Journalismus” das Handwerk in “Recherchieren und Dokumentieren, Formulieren und Redigieren, Präsentieren, Organisieren und Planen” zusammen. Nun, all das sind Dinge, die Buzzfeed ausführt – auch wenn es “nur” im Web stattfindet.
Journalismus kann sowohl informieren als auch unterhalten. Hier könnte man zwar einhaken und den hohen Anspruch des Journalismus als vierte Staatsgewalt betonen. Doch wer wäre dann eigentlich noch Journalist? Der Wirtschaftsberichterstatter? Wie sieht es mit dem Sportreporter aus? Ist er es dann, wenn er über Doping schreibt, aber nicht, wenn er simpel die Ergebnisse eines Wettkampfs aufzählt? Was ist mit dem ganzen Boulevard eigentlich? Journalismus? Die BILD-Zeitung?Was ist mit dem ganzen Boulevard eigentlich? Journalismus? Die BILD-Zeitung?
Klar ist: Buzzfeed ist unterhaltend, kann bisweilen informativ sein, und nimmt zwischen all dem Gedöns sogar gesellschaftspolitisch relevante Beiträge mit auf, siehe Bild am Anfang des Textes.
Erstaunlicherweise würde man Buzzfeed vielleicht hiermit kriegen: “Voraussetzung für den Beruf des Journalisten ist in erster Linie die Kommunikation […]” sagt Wikipedia. Es findet zwar sehr viel Interaktion über Kommentare und Bewertungen statt, eine Kommunikation zwischen Redakteur und Leser habe ich aber nicht gefunden. Vermutlich wird noch weniger Kommunikation mit Quellen zur Sicherung der Recherche betrieben.
Doch auch hier würde ich sagen: Wer im Glashaus sitzt … der klassische Printjournalist hat so gut wie keinen Kontakt zum Leser und in vielen Bereichen auch nicht mehr mit Informanten.
Ergebnis also: Aus meiner Sicht ist Buzzfeed Journalismus. Vielleicht kein Guter, aber daran hat uns die BILD ja schon gewöhnt.
Eine andere Sache treibt mich allerdings um. Denn die Frage “ist das noch Journalismus?” wird fast ausschließlich gestellt von – Achtung – Journalisten.
Dem Großteil der Leser ist es piepegal, ob Buzzfeed und Co. dieses Etikett trägt, solange es sie unterhält und informiert.
Welchen Sinn hat die Frage, ob etwas Journalismus sei?
Die Selbstreferenz der Journalisten auf den Journalismus
Journalist wurde man früher in Wahrheit doch durch Adelung seitens der Verlage. Ist eine Frau mit ihren Beiträgen häufig in Zeitungen oder Zeitschriften erschienen und hat dafür Geld erhalten, war sie eine Journalistin. Dazu noch eine Pappe mit der Berufsbezeichnung seitens einem der Journalisten-Verbände – fertig war der Journalist.
Durch die Inflation der Publikationsmöglichkeiten im Internet haben viele Journalisten und Redaktion ihre elitäre Stellung verloren. Sie bewegen sich in einer Masse an Medienschaffenden – bezahlte wie unbezahlte.
Und so scheint mir die Frage “ist das Journalismus?” ein Ausdruck einer Identitätskrise zu sein. Man schafft einen Stand, dem man sich zugehörig fühlt – den Journalismus – und versucht sich abzugrenzen, indem man andere aus diesem Stand ausschließt. Etwa die “Blogger” (das Blog ist übrigens die Reinform eines “Journals”). Oder neue Redaktionen, die nach anderen Maßstäben arbeiten. Wie die von Buzzfeed.
Diese Frage scheint mir ein Symptom für Angst und Unsicherheit in einer sich ändernden Medienlandschaft. Die Antwort auf die Frage ist doch irrelevant.
Vorschlag für die Zukunft: Lasst uns die Frage anders stellen
Statt nun also diese unnötige Frage “ist das Journalismus?” zu stellen, wäre die sinnvollere doch: Wie können wir von neuen Medienangeboten lernen und damit etwas erschaffen, das unseren jeweiligen persönlichen Maßstäben entspricht?
Wie kann meine Art des Journalismus daran wachsen?
Übrigens etwas, das Jochen Wegener so im Interview auch zum Ausdruck bringt, als er sagt: “Wir versuchen durchaus auch mal fünf Prozent Buzzfeed beizumengen”. Gut so.
Um die Journalismus-Debatte zu umgehen, halte ich „Publizist“ und „publizieren“ ohnehin für die geeigneteren, weil in der Verallgemeinerung weniger verfänglichen Begriffe http://de.wikipedia.org/wiki/Publizist
Was ist ein BuzzFeed?
[…] Und wieder geht es dabei darum, “ob das noch Journalismus sei” – wie schon bei Buzzfeed, Huffington Post und all die […]