Dokumentiert: Wie die Strato AG (fast) einen auf Huffington Post machen möchte
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Die Strato AG, ein Unternehmen mit Millionenumsatz, möchte ihren Lesern was zu Weihnachten bieten – tolle Tipps zum Internet. Kosten dürfen die natürlich nichts. Fragen, wir doch einfach mal ein paar Blogger…
Neulich in meiner Inbox… ein kleiner E-Mail-Verkehr, den ich einfach mal so unkommentiert stehen lassen möchte…
Hallo Herr Lohmeyer,
mein Name ist Christian L., ich bin Online-Redakteur der STRATO AG.
Warum ich Ihnen schreibe: Zur Weihnachtszeit sammeln wir Tipps von Bloggern zum Thema „Erfolgreich bloggen“. Dazu erstellen wir aufhttp://blog.strato.de/ einen Initialbeitrag, den wir zwischen dem 1. und 24. Dezember regelmäßig um neue Tipps ergänzen und auf die jeweiligen Beiträge verlinken. Gleichzeitig planen wir unter den Lesern WordPress-Themes zu verlosen. Das Ganze promoten wir natürlich auch auf Facebook und Twitter. Wichtig: Diese Aktion ist kein Linkbait (es besteht keine Backlink-Pflicht)! Wir wollen unseren Lesern Mehrwert bieten und freuen uns über Expertenbeiträge von erfahrenen Bloggern (und Journalisten).
Möchten Sie auch mitmachen und einen oder mehrere Tipps beisteuern? Als Journalist haben Sie vielleicht eine andere Sicht auf das Thema „Schreiben im Netz“ als reine Blogger. Gerne sende ich Ihnen weitere Infos über den Ablauf und Themenvorschläge. Ich freue mich auf Ihre Antwort!
Viele Grüße
Christian L.
Hallo lieber Herr L.,
als Blogger, der übers Geld verdienen im Netz schreibt, sowie professioneller Journalist, der mit Schreiben sein Geld verdient, muss ich Ihnen als Vertreter eines großen, gewinnorientierten Unternehmens natürlich eine Frage stellen:
Was zahlen Sie denn für die Beiträge?
Wenn das Honorar stimmt, freu ich mich natürlich sehr, Ihnen Beiträge zu liefern.
Herzliche Grüße
Karsten Lohmeyer
Hallo Herr Lohmeyer,
vielen Dank für Ihre Antwort. Als gewinnorientiertes Unternehmen bieten wir für Leistung natürlich Gegenleistung. In diesem Fall ist das allerdings kein Honorar, sondern Öffentlichkeit über unser Blog und Social Media Kanäle. Die Tipps und Inhalte publizieren die teilnehmenden Blogger auf ihren eigenen Seiten. Wir teasern und verlinken diese Beiträge an (und machen uns diese nicht zu eigen). Das Ziel der Aktion besteht darin, aktuelles Wissen zum Thema „Erfolgreich bloggen“ zu bündeln.
Bitte geben Sie Bescheid, falls Sie dennoch Interesse oder Fragen haben.
Viele Grüße
Christian L.
Hallo lieber Herr L.,
nein, ich habe kein Interesse. Ein kostenloser Beitrag bei der Huffington Post reicht, das war Spaß – ein solcher Beitrag auf Aufforderung eines Unternehmens ist Arbeit, selbst wenn er auf meinem eigenen Blog stattfindet. Also: Sollten Sie Interesse an einem bezahlten Beitrag haben, können Sie sich gerne melden. Und natürlich steht Ihnen frei, auf bereits bestehende Artikel in meinem Blog redaktionell hinzuweisen. Über Verlinkungen freue ich mich nämlich immer.
Und vielen Dank für diesen erfrischenden Schriftverkehr, den ich natürlich auf meinem Blog veröffentlichen werde.
Herzliche Grüße
Karsten Lohmeyer
Großes Kino!
Ich verlinke hier hin:
http://www.renateblaes.de/blog/profitgeier-sklaventreiber/
Leider gibt es SEHR viele, die sich durch die Veröffentlichung ihres Beitrags (welcher Qualität auch immer) irgendeinen Vorteil versprechen. Falls einer tatsächlich profitieren sollte, ist das ein mit großer Wahrscheinlichkeit nicht der Blogger.
Hallo Herr Lohmeyer, meine Name ist Lars Gurow, ich arbeite bei Strato. Ich glaube, da liegt ein Missverständnis vor: Wir bieten an, einen Artikel anzuteasern und zu verlinken. Was ist denn bei Ihnen angekommen? Für Auftragsarbeiten zahlen wir natürlich.
Lieber Herr Gurow,
als Leiter der Unternehmenskommunikation von Strato und Diplom-Journalist (FH) sollten Sie die Diskussion rund um die Gratisblogbeiträge für Huffington Post & Co. ja mitverfolgt haben und sicher verstehen, dass manche Journalisten bei Anfragen zu Kostenlos-Arbeit etwas dünnhäutig reagieren. Und auch wenn ich mit einem – vorerst – einmaligen Beitrag selbst zu den ersten Bloggern der Huffington Post gehörte, verdiene ich mein Geld mit Schreiben.
Wenn mich also ein Unternehmen wie Strato auffordert, einen Artikel/Blogbeitrag zu schreiben, ist das ein Auftrag für mich. Selbst wenn dieser Artikel sogar ohne Unternehmensnennung in meinem eigenen Blog erscheinen soll.
Ich biete Ihnen ja auch an, alle unsere Beiträge auf Lousypennies.de zu verlinken und verteasern wie Lust und Laune haben. Da freue ich mich sogar darüber und ich werde garantiert nicht auf die Idee kommen, so etwas merkwürdiges wie ein Leistungsschutzrecht einzufordern. Aber eine unbezahlte Auftragsarbeit für Ihre Weihnachtsaktion auf meinem Blog zu schreiben – und zwar weit außerhalb meiner Kernzielgruppe „Journalisten“ – das sehe ich nicht ein. Und das obwohl ich sehr wohl in den Kategorien „Aufmerksamkeit und Social Media“ denke.
Wenn ich auf Aufforderung eines finanzstarken Unternehmens Fach-Artikel für eine Publikums-Zielgruppe schreibe, werde ich bezahlt. Das haben viele andere Auftraggeber verstanden.
Gerne biete ich Ihnen an, einen bezahlten Gastbeitrag in Ihrem Blog zu schreiben. LousyPennies.de sucht übrigens auch noch einen Sponsor. Wäre diese tolle Zielgruppe nicht etwas für Strato? ;-)
Herzliche Grüße
Karsten Lohmeyer
Hallo Herr Lohmeyer, danke für das Feedback und das Angebot. Das von Ihnen erwähnte FH-Studium habe ich mit freiem Journalismus finanziert und war zuvor „künstlerisch tätig“, sodass ich das Gefühl kenne, wenn jemand etwas haben möchte, aber außer „das ist doch tolle Werbung für Dich“ nichts anzubieten hat. Und wir wissen ja, dass diese Werbung vor allem darin besteht, dass sich herumspricht, dass man kostenlos arbeitet.
Klar kommt das bei Ihnen frech an, und das geht auch auf unsere Kappe. Zum angebotenen Beitrag: Wie wäre es mit dem Thema „warum man für gute Inhalte zahlen sollte“?. Das ist doch tolle Werbung für Sie !
Späßchen, wir zahlen natürlich dafür :)
Dann sind unsere Leser jetzt Zeuge einer „innovativen Geschäftsanbahnung“ geworden ;-) Den Artikel schreibe ich natürlich gerne!
Sehr schön, das mitzuverfolgen! Klasse. Und danke! Geht doch! :-)
geht doch ;-)