Fashion-Netzwerk tracdelight: „Wir haben 18-jährige Blogger, die mehr verdienen als ihre Eltern“
4Wie verdient man als Blogger Geld? Zum Beispiel über Provision für Produktverkäufe. Bosko Todorovic hat uns erklärt, wie das läuft
Die Frage nach den Lousy Pennies aus dem Netz für Journalisten und Blogger – sie beschäftigt nicht nur uns bei LousyPennies.de intensiv. Deshalb habe ich mich sehr gefreut, als sich Bosko Todorovic von tracdelight bei mir gemeldet hat. „Wir sind eines der Netzwerke, mit der Blogger gute Lousy Pennies verdienen“, schrieb er mir – und das machte mich natürlich neugierig.
Denn tracdelight, das als Startup in Stuttgart gegründet wurde, gehört heute nicht nur zu 100 Prozent zu Burda, sondern ist im Bereich „Editorial Commerce“ bei Modemagazinen und Modebloggern ein richtig großer Fisch: tracdelight ist in sieben europäischen Ländern aktiv, zu den Partnern gehören unter anderem Elle, Instyle, Stylebook, T-Online, Les Mads, Journelles, Max, OK Magazin und viele mehr. Daneben steht es, wie Bosko Todorovic mir erzählte, auch kleineren Bloggern und Online-Journalisten offen. Hier aber nun das Interview…
„Die Qualität muss stimmen“
Hallo Bosko, auf Eurer Webseite erfährt man leider recht wenig darüber, was Ihr so macht…
Das ist gewollt und wir werden es demnächst sogar durch noch weniger Information noch attraktiver machen.
Erzählst Du mir trotzdem, wie Ihr Blogger und Journalisten ins Geldverdienen bringt?
Wir sind ein geschlossenes Performance-Netzwerk, das dafür verantwortlich ist, dass die Produkte unserer Kunden in den redaktionellen Bereichen von Magazin-Webseiten und Blogs auftauchen. Wir haben eine Datenbank mit aktuell rund sechs Millionen Produkten, die der Redakteur ganz nach seinen Wünschen in seine Artikel einbinden kann. Diese Produkte sind dann mit Shops verlinkt. Wenn der Leser des Magazins dann auf den Link klickt und ein Produkt kauft, wird eine Provision fällig.
Das hört sich bei mir zunächst mal nach Schleichwerbung an. Ich präsentiere ein Produkt in redaktionellem Umfeld und verdiene dann an seinem Verkauf…
Na ja, überleg doch mal: Auch ein klassisches Print-Modemagazin ist ja eigentlich nichts anderes als ein redaktionell kuratierter Produktkatalog und, wenn gut und verantwortungsvoll gemacht, keine Schleichwerbung. Du findest darin natürlich die Lieblingsstücke der Redakteure – aber danach bist Du dann alleine gelassen worden mit der wichtigsten Frage: Wo kann ich die Teile kaufen?
Und Ihr beantwortet diese Frage?
Unsere Dienstleistung besteht darin, dass wir dem Leser zeigen, wo er ein Produkt kaufen kann.Ja, unsere Dienstleistung besteht darin, dass wir dem Leser zeigen, wo er ein Produkt kaufen kann, von dem er aufgrund der Empfehlung des Redakteurs sowieso schon überzeugt ist. Er zahlt dafür exakt so viel, wie er sonst auch zahlen würde.Aber der Verlag oder der Blogger erhält eine Provision. So gleicht der Verlag das Defizit aus, das dadurch entsteht, dass er seinen wertvollen Content kostenlos anbietet und die Monetarisierung durch Anzeigen im Internet nur schlecht läuft.
Also ein klassisches Affiliate-Modell?
Wir sind schon ein bisschen mehr, auch wenn unsere Technologie auf Affiliate basiert. Wir ermöglichen eine zusätzliche Monetarisierung und positionieren uns in Werbeflächen, die es vorher gar nicht gab.
Also mit gesponserten Beiträgen, den so genannten Advertorials?
Nein, innerhalb des redaktionellen Contents als Zusatzleistung für den Leser. Das funktioniert sehr gut – und wie wir meinen, deutlich besser als durch sponsored Posts. Wir haben dadurch eine sehr hohe Conversion-Rate von um die 12 Prozent, was für E-Commerce enorm ist.
Moment mal: Das heißt, Ihr bringt also den Redakteur dazu, über ein Produkt eines Eurer Kunden zu schreiben, den Advertorial-Text als redaktionellen Artikel zu tarnen und dann das Produkt zu verkaufen? Also doch Schleichwerbung…
Der Redakteur oder Blogger ist völlig frei darin, was er für seinen redaktionellen Beitrag verwendet.Nein. Wie bereits gesagt, haben wir eine Produktdatenbank mit rund sechs Millionen Stücken. Der Redakteur oder Blogger ist völlig frei darin, was er für seinen redaktionellen Beitrag verwendet. Er hat nur zwei Vorteile: Erstens weiß er, dass bei der Verwendung des – hochwertigen – Bildes keine Copyright-Probleme auftreten – und zweitens, natürlich, dass eine Provision fließen wird, wenn der Leser dem Link folgt und einen Kauf tätigt. Es gibt bei uns einige Blogger, die über unseren Kanal deutlich mehr verdienen als andere Blogger, die auf gesponserte Beiträge setzen.Und wo bleibt die redaktionelle Unabhängigkeit, wenn ich mich nur bei den Produkten Eurer Partner bedienen kann?
Die Redaktion ist und bleibt unabhängig, denn wir überlassen ihr ja nur eine Datenbank und sagen: „Nehmt was Ihr wollt.“ Da beeinflussen wir niemanden, sie können nach wie vor auch andere Produktbilder verwenden. Wir haben übrigens auch bemerkt, dass für die Auswahl der Produkte durch die Redaktionen und Blogger die Höhe der Provision nicht erstrangig ist.
Sie wollen einfach nur die besten Produkte, die beste Bildqualität oder den besten Shop und zeigen auch oft vergleichbare Produkte aus verschiedenen Preis-Kategorien. Das ist ja auch wichtig für die eigene Reputation. Wenn ein Magazin oder ein Blog seine Reputation verliert, wird es irgendwann keine Leser mehr haben.
Ich glaube nicht an die Mär, dass da vorher keine Beeinflussung stattgefunden hat.Übrigens glaube ich nicht an die Mär, dass da vorher keine Beeinflussung stattgefunden hat. Wer glaubt, dass PR-Agenturen bisher keinen Einfluss auf den Content von Magazinen und Blogs hatten, muss schon sehr blauäugig sein.Eine Datenbank ist alles was Ihr anbietet?
Nein, darüber hinaus haben wir eine ganze Reihe von Lösungen wie zum Beispiel Widgets, Styling-Tools und eigene Shops für unsere Partner. Wir haben zum Beispiel ein Tool, das sich Stylefinder nennt und nicht anderes ist, als eine Shoppingoberfläche. Es hat auch einen hohen SEO-Effekt und kann also sogar zusätzliche Besucher auf eine Seite bringen. Das nutzen zum Beispiel die Elle, Instyle und Stylebook.
Tatsächlich gibt es kaum eine große Seite, die nicht unser Angebot nutzt. Zu unseren Partnern gehören in Deutschland T-Online, Bild, Cover, Brigitte, Freundin, Bunte und viele mehr. Daneben sind wir auch in vielen weiteren Ländern wie Frankreich, Spanien, Polen, Türkei, Schweden und Holland aktiv.
Und daneben kann man als Blogger auch bei Euch mitmachen. Was muss ich dafür tun?
In der Regel bewirbt sich eine Bloggerin oder ein Blogger und wir schauen was sie für ein Potential haben könnten. Das entscheiden wir ganz individuell.
Worauf achtet Ihr?
Die Qualität muss stimmen. Die Marken, also unsere Kunden, achten sehr auf ihr Umfeld. Wenn es ein schönes Blog mit vernünftigen Inhalten ist, dann kann man bei uns mitmachen. Das kann dann auch jeder. Unsere Technologie ist so aufgesetzt, das eine 16-jähriges Bloggerin damit umgehen kann.
Und lohnt sich das dann auch für die Bloggerin?
Ja.
Wollen die Bloggerinnen und Blogger überhaupt Geld verdienen? Das war doch lange Zeit verpönt…
Wir stellen fest, dass immer mehr Blogger sagen: Ja, ich will Geld mit meinem Blog verdienen. Ja, wir stellen zunehmend fest, dass immer mehr Blogger sagen: Ja, ich will Geld mit meinem Blog verdienen. Das ist ja auch vernünftig, denn wenn Du kein Geld mit Deinem Blog verdienst, dann musst Du ja etwas anderes arbeiten, um Dein Geld zu verdienen. Und dann fehlt Dir wieder die Zeit für dein Blog.Aber machen sich die Blogger nicht unglaubwürdig, wenn sie mit den in ihren Blogs präsentierten Produkten Geld verdienen?
Nein, das finde ich nicht. Die Leute gehen ja zum Beispiel auf die Streetstyle-Blogs um sich inspirieren zu lassen. Und wenn ich dann nicht erfahre, wo ich es bekomme, bin ich vielleicht enttäuscht.
Was verdienen Eure Blogger?
Eine Bloggerin erhält für jeden Sale durchschnittlich zehn Prozent Provision auf den Netto-Warenkorb oder einen CPC zwischen 23 und 27 Cent, je nach Advertiser. Wir haben eine durchschnittliche Sales-Conversion von 12 Prozent. Das heißt also, dass im Schnitt 12 Prozent aller Besucher einer Partner-Webseite, die auf einen Link zu einem Partnershop geklickt haben, auch einen Verkauf generieren. Wir haben gerade einen neuen Blogger angebunden, der hat am ersten Tag 60 Klick-Outs generiert.
Und was hat er verdient?
Bei hochwertigen Produkten sind schonmal bis zu 100 Euro Provision drin, manchmal auch mehr. Das kann und möchte ich jetzt nicht im Detail sagen. Aber wir haben generell sehr hohe Warenkörbe. Da sind schonmal bis zu 100 Euro Provision bei hochwertigen Produkten drin, manchmal auch mehr. Bei Low-Level-Marken sind es dann fünf oder zehn Euro. Wir hatten aber auch schon einmal eine Leder-Leggins für 9000 Euro im Sortiment. Da gab es dann 900 Euro pro Verkauf.Eine Leggins für 9000 Euro? Die ist wirklich verkauft worden?
Ja, etwa einmal pro Monat…
Lass uns doch mal rechnen. Nehmen wir an, ich bin zwar keine Jessica Weiß mit rund 10.0000 Besuchern am Tag, habe aber ein gut gehendes Blog mit 1000 Besuchern…
… und nehmen wir an, dass dabei durch eine sinnvolle Nutzung unserer Tools circa 400 Klickouts entstehen, dann generiert man bei etwa 10 Prozent Conversion um die 40 Verkäufe pro Tag. Nehmen wir dann weiter an, Du bekommst nur 10 Euro Provision pro Verkauf…
Dann sind das schon 400 Euro! Am Tag.
Ja, wir haben Blogger, die sind 18 Jahre alt und verdienen mehr als ihre Eltern.
Und das funktioniert wirklich?
Wir haben auch einen eigenen Blog, der macht am Tag einen vierstelligen Betrag.Ja, wir haben auch einen eigenen Blog mit Namen stylesyoulove.de, der macht am Tag einen vierstelligen Betrag. Er ist gerademal ein Dreiviertel Jahr alt. Da steckt natürlich ein bisschen Hirnschmalz drin, aber mit zwei bis drei schlauen Leuten kann man so was effektiv aufziehen.Gleichzeitig ist es aber für unsere Blogger wichtig zu wissen, dass sie nicht von heute auf morgen reich werden – aber sie werden so viel verdienen, dass sie auch langfristig ihren Blog aufrecht erhalten können.
Es würde sich also auch jetzt noch lohnen, obwohl es Modeblogs wie Sand am Meer gibt?
Ich kann es nur empfehlen. Ich empfehle auch allen Mitarbeitern, selber Blogs zu schreiben. So können sie Erfahrungen sammeln und mit unseren Partnern auf Augenhöhe reden.
Ich persönlich mache es mit meinem Sneakers-Blog i-love-sneakers.com. Hier verdiene ich aber nicht vierstellig. Ich habe leider nicht so viel Zeit und stelle nur einmal pro Woche drei bis vier Artikel vor oder mache eine Styling-Geschichte.
Ich bin ja nicht so der Modetyp. Habt Ihr Euch schonmal Gedanken gemacht, das System auf andere Branchen zu übertragen? Vielleicht auf Technik oder Reise.
Nein, für uns ist das keine Alternative. Wir alle sind selbst Modeaholics und Shopaholics. Außerdem sind andere Nischen wie Elektronik und Reise bereits so überfüllt und bieten deutlich kleinere Margen. Der Markt ist übersättigt.
Allerdings gehen wir auch thematisch ziemlich in die Breite und haben jetzt zum Beispiel auch Magazine zum Thema Mountainbike, Reiten und Wohnen. Für Runnersworld.de bauen wir gerade eine Datenbank auf, mit deren Hilfe man die getesteten Schuhe gleich bestellen kann.
Zum Schluss noch eine Frage: Warum erzählst Du mir das jetzt eigentlich? Immerhin kann es ja sein, dass jetzt einige Leser entsetzt sind, dass die Blogs Geld mit Produktvorstellungen verdienen.
Ich habe Dein Interview mit Jessica Weiß gelesen und mich ganz ehrlich ein bisschen geärgert, dass wir zwar Partnerschaften mit fast allen großen Magazinseiten und auch den großen Modeblogs haben, uns aber trotzdem keiner kennt. Das wollte ich ändern. Wir wollen jetzt verstärkt auch die kleineren Blogger aufnehmen, da kann Bekanntheit nicht schaden. Und dass sie mit ihrer Arbeit Geld verdienen wollen, ist doch nur legitim.
Über meinen Interview-Partner
Bosko Todorovic ist seit 2000 im Online Marketing tätig. Der gelernte Diplom-Ingenieur begann seine Karriere als Quereinsteiger in einer klassischen Marketing-Agentur mit Onlineeinflüssen. Er war von 2004 bis 2008 Executive Sales Director der Zanox.de AG und anschließend sebstständiger Berater für Strategisches Online Marketing diverser deutscher E-Commerce Unternehmen sowie Gastredner bei diversen Kongressen. Seit Oktober 2010 ist Bosko Todorovic für die Entwicklung und das Wachstum des Fashion-Netzwerkes tracdelight.com verantwortlich, welches aktuell in 7 Ländern aktiv ist. Daneben betreibt er selber das Sneakerblog I-Love-Sneakers.com und ist Dozent für „Online Marketing und CRM“ an der Privathochschule SRH in Berlin.
„….. man bei etwa 10 Prozent Conversion um die 40 Verkäufe pro Tag. Nehmen wir dann weiter an, Du bekommst nur 10 Euro Provision pro Verkauf…
Dann sind das schon 400 Euro! Am Tag.
Was für ein Quatsch, die Stornorate ist 80%, hat er vergessen mitzueilen
Es ist natürlich Werbung. Diese muss gesondert gekennzeichnet werden. Wurde vergessen mitzuteilen. Und die Stornoquote ist im Modebereich höher als wo anders!
Komplett unseriös seine Aussage, denn, die Stornoquote beträgt fast 90 %, dazu kommt das dieses Netzwerk Gebühren für sich abzweigt, eine Nullrechnung also.
Schade, dass die eigentlich spannendste Frage nach der Kennzeichnung als Anzeige nicht gestellt wurde. So bleibt es eine massenhaft eingesetzte Schleichwerbung, teils auch auf den Portalen der genannten Modeverlage. Da frag man sich schon, wozu es überhaupt noch gesetzliche Regeln zur Kenntlichmachung von Werbung gibt. Und man darf sich nicht wundern, wenn „Journalismus“ und Blogs als gekauft gelten.