Der Zeitschriften-Verlag als Dienstleister – ein Gedankenexperiment
4Die Buchverlage beginnen, sich als Dienstleister neu zu orientieren. Könnten das Burda, Springer und Co. nicht auch? Einige Ideen für mögliche Dienstleistungs-Angebote von Magazin-Verlagen.
Neulich im Literaturcafé. Der designierte Geschäftsführer des Hanser-Verlags Jo Lendle spricht mir aus der Seele, als er sagt:“Verlage verlieren durch diese Wahlmöglichkeit ihr Türhütermonopol und werden zu Edel-Dienstleistern.”
Natürlich bezieht er das hier auf Buchverlage, doch es ist nicht weniger wahr für die Zeitschriften-Branche. Mode, Autos, Technik, Reise … für alle Sparten des Magazin-Bereichs finden sich Hunderte Blogs und Seiten im Netz. Und die sind oft mit mehr Herz und Verstand bei der Sache, als den Verlagen lieb sein kann. Es sind nun nicht mehr die Verlage, die bestimmen, was der Leser zu sehen bekommt, sondern Google und die Leser selbst.
Der zweite Teil des Satzes aber deutet in die Zukunft. Einige Buchverlage tun das schon, was Jo Lendle da fordert. Sie treten als Dienstleister auf, wie zum Beispiel epubli von Holtzbrinck, die mit Print-on-Demand und einer Vertriebsstruktur dem Buchautor einen Service bieten.
Aber ein Magazin-Verlag als Dienstleister – wie könnte das funktionieren?
Vielleicht so?
Drei Stufen möglicher Dienstleistungen
Mittlerweile betreiben viele Magazin-Verlage eigene Online-Kioske, über die sie ihre Hefte gedruckt oder als PDF verkaufen. Zum Beispiel mein ehemaliger Arbeitgeber, die CHIP Communications GmbH – zu finden hier: www.chip-kiosk.de. Genauso kann ich aber auch shop.heise.de anführen oder shop.pcwelt.de/portal … oder oder oder.
Das ist eine logische Entwicklung. Die Verlags-Produkte nicht nur am realen Kiosk zu vertreiben, sondern auch ohne weitere Zwischenhändler direkt zu verkaufen, macht Sinn.
Und es ist eine Plattform, die noch mehr Möglichkeiten bietet.
Denn bisher sehe ich bei solchen Online-Kiosken nur eigene Produkte des jeweiligen Verlages. Hier könnten die Verlage mit einer Dienstleistung ansetzen und eben den Bereich noch bedienen, der für die kleinen Webunternehmen nicht zugänglich ist – der Vertrieb über diese Kioske zum Beispiel.
Folgende Modelle möchte ich zur Diskussion stellen:
1. Den Online-Kiosk für Selfpublisher-Produkte öffnen
Es gibt Print-Magazine im Technikbereich wie T3N, das Return-Magazin oder weitere, die von der Anziehungskraft bekannter Marken profitieren könnten. Verlage könnten den Online-Kiosk als Verkaufsplattform für ausgesuchte Fremdprodukte öffnen und dafür Provision einstreichen. Sie verschaffen somit den Magazinen eine Reichweite unter dem Dach einer bekannten Marke und können eher allgemeinere Themen durch sehr spezielle Nischen ergänzen.
Der Vorteil: Beide würden gemeinsam an Reichweite gewinnen. Die Qualität und das Themensortiment kann der Verlag kontrollieren – er muss ja nicht jedes Heft aufnehmen. Der Verlag kümmert sich schon aus Eigeninteresse um eine aktive Vermarktung zum Beispiel durch Newsletter, Socialmedia, etc.
2. Webseiten und Blogs als Contentquelle nutzen
Der Verlag geht aktiv auf ausgesuchte Webseiten zu und bietet ihnen den Verkauf Ihrer Inhalte als Printprodukt an. Die Redaktion des Verlags kuratiert diesen Content und kümmert sich um die gesamte Abwicklung. Der Webseitenbetreiber erhält einen Fixpreis oder eine Verkaufsprovision. Der Inhalt wird unter dem Label des Verlags publiziert, der Autor und die Webseite aber entsprechend dargestellt. All das wird anschließend in den klassischen Handel und die Online-Kioske gestellt.
Der Vorteil: Im Prinzip hat man so das Beauftragen von Fremdautoren vermieden und dürfte günstig an vorher geprüfte Inhalte kommen. Die Qualität kann der Verlag weiterhin selbst bestimmen. Den Webseitenbetreibern eröffnet sich eine weitere Einnahmequelle. Die Zweitverwertung der Printinhalte auf Webseiten muss dem Verlag aber verwehrt sein.
3. Fullservice für Selfpublisher anbieten
Im Prinzip das Modell epubli oder Createspace für Magazine. Zielgruppe sind Webseitenbetreiber, die ihre Inhalte als Magazin veröffentlichen und vertreiben wollen. Auf einer Online-Plattform kann jeder die Inhalte hochladen. Wie oft er mit seinem Magazin herauskommt oder welche Qualität dahinter steht, liegt beim Autor. Der Verlag kümmert sich um Druck und Online-Vertrieb. Er kann als Extra-Services noch Schlussredaktion und Grafik anbieten. Besonders gute Hefte kann der Verlag auch in den normalen Handel bringen. Er kassiert bei Druckauftrag oder über Provision bei On-Demand-Druck.
Der Vorteil: Automatisierbare Abläufe. Möglicher Verkauf von Zusatzservices.
Ich gebe zu: Gerade bei letzterem bin ich mir nicht sicher. Zwar würde ich als Kunde sehr gerne dabei sein und ein Magazin über Schottland veröffentlichen. Aber gibt es außer mir noch mehr?
Was meint Ihr, kämen solche Dienstleistungen an? Könnte man das rentabel betreiben? Ich freue mich über Eure Einschätzungen – oder andere Ideen.
Interessanter Artikel. Ich habe auf meiner Seite vor kurzem auch einen Beitrag über die Zukunft des Journalismus veröffentlicht, der aber allgemeiner gehalten war.
Ich persönlich stehe dem ,,Zeitschrift ausdrucken“ skeptisch gegenüber, denn ich mag es einfach, in einen Zeitschriftenladen zu gehen und in den Publikationen zu stöbern. Zudem ist mir dann auch die Bindung und etwa die Papierdicke sehr wichtig. Ich denke, bei Zeitschriften wie ,,Business Punk“, die dickes Papier benutzen, stellt das Selberdrucken für viele keine Option dar.
Das Lesen von Inhalten auf digitalen Geräten wird jedoch ziemlich sicher weiter zunehmen, vielleicht auch eben erwähntes Ausdrucken. Da kann ich mir sehr gut vorstellen, dass eine zentrale Plattform, die Inhalte einer Website oder eines Blogs als Magazin vermarktet, Erfolg hat. Wahrscheinlich ist jetzt noch nicht der richtige Zeitpunkt, aber wenn sich die Bezahlschranke durchgesetzt hat, könnte es so weit sein.
Ich tippe darauf, dass sich am ehesten Variante 1 durchsetzt: Eine zentrale Plattform, die Publishern ermöglicht, ihren Content zu verkaufen und Provision einstreicht.
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Die Entwicklung bei den Online-Kiosken wird spannend bleiben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass in Zukunft jeder Verlag seinen eigenen digitalen Kiosk betreibt. Neben den Big Playern (Apple, Amazon, Google) werden sich möglicherweise einige weitere auf digitale Presseprodukte spezialisierte Shops etablieren. Aus Kundensicht sind hier verlagsübergreifende Angebote aber sicher attraktiver als Shops wie chip-kiosk.de oder shop.heise.de. Abzuwarten bleibt, ob die Frühstarter in diesem Bereich (Springer mit dem iKiosk, die Telekom mit Pageplace, der Pressekatalog des Grossisten Mende und einige weitere Ansätze) sich durchsetzen können oder ob es noch einmal einen neuen Anlauf geben wird. Zumindest im Bereich der micropayment-basierten Einzel-Artikel-Vermarktung wäre das dringend an der Zeit.
Hallo Markus,
Du hast Recht. Es gibt ja auch schon viele Ansätze, aber warum sich zum Beispiel in dieser Frage die Verlage nicht auf eine gemeinsame Plattform einigen – in Zusammenarbeit mit den Grossisten, ist mir ein Rästel. Jeder kocht am Ende ein eigenes Süppchen. Ist das klug?