Medienrecht: Gero Himmelsbach über Journalisten im Netz ohne doppelten Boden
0Rechtsanwalt Prof. Dr. Gero Himmelsbach erzählt uns, wieso er jedem Journalisten rät, ohne Angst im Netz zu publizieren – und wo die Urheberrechts-Gefahren bei Facebook & Co liegen.
Medien-Anwalt Prof. Dr. Gero Himmelsbach hat uns in den ersten drei Teilen unserer Interview-Serie schon viel erzählt: Über den richtigen Umgang von (selbständigen) Journalisten mit Abmahnungen, die größten rechtlichen Fallstricke für bloggende Journalisten und die Verantwortung von Journalisten bei Kommentaren auf ihrer Webseite. Mit dem vierten Teil beenden wir nun unsere Interview-Reihe mit den letzten Fragen, die uns noch auf der Seele brannten.
„Viele Blogger laufen zu schnell über die Straße und werden dann von einem Anwaltsauto überfahren“
Karsten: Als journalistischer Blogger bewegt man sich im Netz ohne doppelten Boden – also ohne einen finanzstarken Verlag mit starker Rechtsabteilung im Rücken. Was würdest Du uns raten, um möglichst wenige rechtliche Fehler zu begehen?
Nun ja, wenn man auf die Straße geht und dauernd Angst hat überfahren zu werden, dann wird man auch überfahren. Also sollte man zunächst die Angst ablegen. Und dann einfach überlegt vorgehen und die Straßenverkehrsregeln kennen. Ich glaube, dass es viele Blogger gibt, die einfach zu schnell über die Straße laufen und dann von einem Anwaltsauto überfahren werden…
Stephan: Gibt es eigentlich eine Möglichkeit, mich gegen rechtliche Angriffe zu schützen? Etwa durch eine Rechtsschutz-Versicherung?
Ich bin der Meinung, dass hier die Berufsverbände und Gewerkschaften gefragt sind.Ein normaler Rechtsschutz deckt so etwas gar nicht ab. Es gibt zwar einen speziellen Medien-Rechtsschutz auch für Blogger und Journalisten, aber der ist ziemlich teuer. Ich persönlich bin der Meinung, dass hier die Berufsverbände und Gewerkschaften gefragt sind. Denn diese bieten ihren Mitgliedern ja auch in arbeitsrechtlichen Fragen Rechtsberatung. Ich finde, dass sie hier eine wunderbare Möglichkeit haben, sich bei der wachsenden Klientel der Online-Journalisten zu positionieren.Karsten: Sollte sich ein Unternehmerjournalist im Internet stärker mit dem Thema Presserecht auseinander setzen?
Ich würde jedem Journalisten empfehlen, ein Seminar über Presserecht zu besuchen. Ja, wenn er nicht ständig mich oder meine Kollegen beschäftigen möchte, unbedingt. Ich würde jedem Journalisten empfehlen, zumindest ein Tagesseminar über Presserecht zu besuchen. Er sollte sich aber sehr genau ansehen, wer es hält – es sollte schon jemand sein, der sich wirklich auskennt.Stephan: Ein Thema hatten wir bisher noch nicht: Facebook. Und hier wohl vor allem das Urheberrecht an geteilten Inhalten.
Dass man sich als Journalist nicht einfach an allen digitalen Inhalten aus dem Internet bedienen und sie auf Facebook stellen kann, sollte soweit klar sein. Was aber viele nicht wissen, ist, dass sie selbst bei Microstock-Agenturen gekaufte Fotos nicht ohne weiteres auf Facebook verbreiten dürfen…
Karsten: Das steht doch in den Lizenbedingungen…
Ja. Und deshalb kann ich jedem Journalisten immer nur raten, die Lizenzbedingungen aufmerksam durchzulesen. Da steht dann zum Beispiel bei einigen Anbietern auch, dass Fotos nur in einer bestimmten Auflösung bei Facebook verbreitet werden dürfen.
Stephan: Gilt das auch für die Vorschaubilder? Bei Google sind sie ja rechtlich erlaubt.
Sofern die Lizenz des Bildes ungeklärt ist, empfiehlt es sich, das Vorschaubild auf Facebook zu deaktivierenJa, bei Google ist das geklärt. Da Google die Bilder automatisch scannt und anzeigt, ist es rechtlich zulässig. Bei Facebook aber werden die Inhalte manuell von den Nutzern eingestellt. Das gilt auch bei den Vorschaubildern, die Facebook anzeigt, wenn ich einen Link poste. Sofern die Lizenz des Bildes ungeklärt ist, empfiehlt es sich also, das Vorschaubild zu deaktivieren – die Möglichkeit bietet Facebook ja.Karsten: Und was ist, wenn ein Besucher meiner Seite sie mit Vorschaubild auf Facebook verbreitet?
Dann bist Du aus dem Schneider, wenn Du die Fotos zunächst rechtmäßig genutzt hast. Denn dann hat ja der Nutzer den Verstoß begangen.
Stephan: Ein großes Thema bei Facebook ist ja auch der Datenschutz.
Der Datenschutz ist in allen Bereichen des Internets ein großes Thema, denn ich kann ja alles protokollieren und über jeden Nutzer unzählige Daten sammeln – so auch über Google Analytics und andere Analyse-Tools. Mein Spezialthema ist ja das Presserecht. Gerne vermittle ich Euch für die nächste Serie einen Experten, der im Datenschutzrecht top ist.
Karsten: Lieber Gero, vielen Dank für das Angebot, auf das wir sicher zurück kommen werden – und ganz herzlichen Dank für die vielen wertvollen Informationen.
Die anderen Teile unserer Interview-Serie:
ACHTUNG: Als besonderen Service für alle LousyPennies-Leser hat Prof. Dr. Gero Himmelsbach einen (kostenlosen) Musterbrief verfasst, mit dem Ihr auf eventuelle Abmahnungen reagieren könnt. Natürlich ohne Gewähr – und in der Hoffnung, dass Ihr ihn nie brauchen werden.
Über Gero Himmelsbach
Professor Dr. Gero Himmelsbach ist seit 1994 Rechtsanwalt und Mitarbeiter der Sozietät Romatka in München, seit 1998 Partner. Er ist Honorarprofessor für Medienrecht der Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Autor des Praxis-Handbuches „Beck’sches Mandatshandbuch Wettbewerbsrecht“ und Mitherausgeber des Kommentars zum Bayerischen Mediengesetz. Daneben ist Gero Himmelsbach ständiger Mitarbeiter der Zeitschrift GRUR-Prax (Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht).
Gero Himmelsbach ist seit vielen Jahren in der Aus- und Fortbildung von Journalisten und Juristen tätig – etwa als Referent der Hanns-Seidel-Stiftung und der Bayerischen Akademie für Fernsehen oder als Dozent für Wettbewerbsrecht der BeckAkademie.
Gero Himmelsbach ist u.a. Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der Verlagsjustitiare, des PresseClub München e.V./International Press Club of Munich und war 1984 Mitgründer des Vereins „Nachwuchsjournalisten in Bayern (NJB) e.V.“, der junge Journalisten unterstützt.