„Zum Bloggen braucht man ein Thema, das einen persönlich stark berührt“
0Schon kurz nach dem Start von LousyPennies.de ist der Bayerische Journalistenverband auf uns aufmerksam geworden – und hat gleich in seinem Magazin BJVreport über uns geschrieben.
Jetzt hat Thomas Mrazek ein ausführliches Interview mit mir geführt und für den Lauftext der Titelgeschichte „Paid Content“ verarbeitet. Die komplette Ausgabe des BJVreport gibt es als Online-Blätterausgabe und als PDF zum Download kostenlos im Netz, „Unpaid Content“ also…
Mit freundlichen Genehmigung von Thomas Mrazek hier nun unser Interview im Wortlaut:
„Mit LousyPennies habe ich mein Thema gefunden“
Thomas Mrazek: Wie bist Du auf die Idee gekommen, dass Meta-Blog Lousypennies zu gründen?
Ehrlich gesagt, wollte ich schon lange mit dem Bloggen anfangen. Nur zum Bloggen braucht man ein Thema, das einen persönlich so stark berührt, dass man auch ohne externen Druck – Abgabetermine, Chefredakteure, Auftraggeber – immer weiter schreibt. Mit LousyPennies habe ich mein Thema gefunden. Das letzte bisschen Motivation hat mir ein Vortrag von Richard Gutjahr gegeben, mit dem ich vor 20 Jahren auf der Deutschen Journalistenschule war. Wie er es als Journalist und Blogger geschafft hat, eine Marke im Netz zu werden, ist für mich ein tolles Vorbild. Und als ich dann noch feststellte, dass die Domain lousypennies.de noch verfügbar war, war die Entscheidung gefallen.
Thomas Mrazek: Schön und gut, dass endlich mal einer intensiv darüber nachdenkt, wie wir Medien uns finanzieren könn(t)en, mag mancher sagen und zugleich fragen: Warum verbreitest Du Deine Erkenntnisse, die Du auf diesem Blog publizierst für jedermann, für umsonst?
Ich werde in Aufmerksamkeit bezahlt. In Twitter-Followern. In Facebook-Fans. In Kommentaren auf www.lousypennies.de. Durch Links auf anderen Seiten wie zum Beispiel Bildblog oder turi2. Die spannenden Diskussionen, die Gewissheit, dass ich Themen anspreche, die die Menschen bewegen – das ist unbezahlbar. Und etwas, was man als Print-Journalist eigentlich gar nicht kennt. Und natürlich denken mein Co-Blogger Stephan Goldmann und ich auch über Monetarisierungs-Möglichkeiten nach.
„Die Zukunft ist online“
Thomas Mrazek: Du arbeitest seit über 20 Jahren im Medienbereich: Sind Dir in den wenigen Wochen, in welchen Du dieses Blog betreibst schon einige grundlegende Ideen, Erkenntnisse über unseren Beruf und seine Zukunft gekommen?
Eine Gewissheit hat sich verstärkt. Die Gewissheit, dass die Zukunft online ist – und für immer mehr Journalisten nicht im wärmenden Schoß eines Verlages liegt. Aber ganz ehrlich: Manchmal komme ich mir vor wie der Fußballfan, der zuhause im Sofa-Sessel sitzt und meint, der bessere Trainer zu sein. Ich möchte deshalb ganz bewusst keine Empfehlungen für Verlage geben, sondern nur Hinweise für Journalisten-Kollegen, wie man sich in Zukunft sein Auskommen mithilfe des Internets sichern oder ergänzen kann. Ich setze da auch ebenso bewusst auf Gastbeiträge und Interviews mit Kollegen, die da schon etwas weiter sind als ich.
Thomas Mrazek: Du hast mit einem Partner jetzt den Newsletter-Service „Das Tagesbriefing“ gegründet, wie sind Deine Erfahrungen damit (die ersten Meldungen waren ja ernüchternd)?
Das Tagesbriefing haben wir mit unserer Firma Hagen+Pollmeier Corporate Publishing gegründet, ich bin dort einer von drei Teilhabern. Dass wir mit dem Newsletter von Beginn an Geld verdienen, war gar nicht eingeplant. Das ist auch unmöglich. Zunächst einmal müssen wir Reichweite aufbauen. Das ist ein hartes Brot, wir kämpfen um jeden einzelnen Newsletter-Abonnenten. Wenn diese Reichweite vorhanden ist, dann können wir auch über die Monetarisierung durch Anzeigenverkauf oder Sponsoring sprechen. Ich rechne frühestens in einem halben Jahr damit. Doch die finanzielle Investition hält sich in Grenzen: Ein paar Hundert Euro fürs Marketing. Aber vier bis fünf Stunden Arbeit pro Tag.
„Jeder sollte eigene Inhalte im Netz zu publizieren“
Thomas Mrazek: Würdest Du es freien Kollegen empfehlen, es auch mal mit so einem eigenen Internet-Angebot auszuprobieren (und wenn es nur ein „Beiboot“ zu anderen Jobs ist)?
Unbedingt. Und zwar gestern. Außerdem sollte jeder festangestellte Kollege ebenfalls sofort damit anfangen, eigene Inhalte im Netz zu publizieren und eine „Fangemeinde“ auf Twitter und eventuell auch Facebook aufzubauen. Denn wir wissen alle sehr genau, dass man schon Morgen auf der Straße stehen kann.
Thomas Mrazek: Was hältst Du von Crowdfunding zur Finanzierung journalistischer Projekte (ich nehme, mal dass Du das noch nicht ausprobieren konntest)?
Prinzipiell finde ich das, was zum Beispiel Krautreporter macht, äußerst spannend und mehr als sympathisch – und bin im Moment tatsächlich sehr am überlegen, ob ich nicht versuchen werde, ein Herzensprojekt per Krautreporter zu finanzieren. Trotzdem bin ich, was die Massentauglichkeit angeht, sehr skeptisch. Ich wünsche den Kollegen aber sehr viel Erfolg damit!
Thomas Mrazek: Würde es sich anbieten, dass Netzökonomie in Zukunft verstärkt in der journalistischen Aus- und Weiterbildung angeboten wird?
Natürlich. Der Wandel unseres Berufsbildes erfordert, dass wir uns in der Ökonomie des Netzes auskennen. Journalistenschüler und Volontäre müssen lernen, wie sie sich eine eigene Marke im Netz aufbauen und diese auch außerhalb von Verlagen gewinnbringend nutzen. Viele tun das aber schon – und viel besser als manche Dozenten. Vielleicht noch ein Beispiel für die Wichtigkeit von journalistischen „Eigenmarken“ im Netz: Gerade wurde bekannt, dass Jim Roberts die New York Times verlässt. Er hat 75.000 Twitter-Follower und nimmt sie mit! Mit einer solchen Zahl muss er sich eigentlich keine Gedanken darüber machen, wie er in Zukunft sein Geld verdient, sofern er die Ökonomie des Netzes verstanden hat. Davon gehe ich hier mal aus.
Über Thomas Mrazek
Thomas Mrazek arbeitet als freier Journalist und Dozent in München. Außerdem ist er inhaltlich Verantwortlicher bei Onlinejournalismus.de und betreibt unter www.medien-journalismus.de eine Bookmark-Sammlung zum Thema Journalismus. Seit 2005 leitet er ehrenamtlich den Fachausschuss Online im Bayerischen Journalisten-Verband (BJV), seit 2008 auch den Fachausschuss Online im Deutschen Journalisten-Verband (DJV).