Hier verdient ein Journalist mehr als nur Lousy Pennies: mobilbranche.de
7Können Journalisten mit eigenen Angeboten Geld im Internet verdienen? Die Antwort von Florian Treiß (31) ist ein klares “Ja”. Seit März 2011 macht der Diplom-Journalist und ehemalige stellvertretende Chefredakteur von turi2 mobilbranche.de. Und tatsächlich ist er mit dem täglichen News-Aggregator für die Mobilbranche auch noch richtig erfolgreich.
Der Journalist Thomas Mrazek hat im „BJV Report“ bereits über Florian Treiß geschrieben und mich im Gespräch auf ihn aufmerksam gemacht. Da ich ja mit Tagesbriefing.de gerade ein ähnliches Projekt für die Versicherungsbranche gestartet habe, wollte ich unbedingt mit ihm reden.
Und hier ist unser Interview über sein Erfolgsmodell – und wie er heute, zwei Jahre nach dem Start, mehr als nur ein paar Lousy Pennies mit seiner Idee verdient.
„2013 soll der Umsatz sechsstellig werden“
Florian, wie bist Du auf die Idee zu mobilbranche.de gekommen?
Ich habe seit 2007 bei turi2 gearbeitet und dabei gesehen, dass dort das Thema Mobile immer mehr aufpoppte. Wir hatten einfach immer mehr Meldungen zu dem, was die Verlage im mobilen Bereich machten und schrieben immer mehr über Tablets und Smartphones. Dabei hab ich festgestellt, dass hier ein Fachdienst mit einem klaren Nachrichtenfokus fehlt. Ich habe ihn dann im März 2011 mit zwei Wochen Vorlauf als WordPress-Seite gestartet und gesagt: “Es muss von Tag 1 einmal täglich einen Newsletter geben.“
Das hat sofort Lousy Pennies abgeworfen?
Natürlich nicht. Ich musste parallel weiter bei turi2 arbeiten, um meinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Das sah dann so aus: Zuerst Frühdienst bei turi2 von 5:30 Uhr bis 8:15 Uhr. Dann von 9 bis 13 Uhr den eigenen Newsletter schreiben und von 14 bis 17 Uhr wieder turi2. Also 6 Stunden pro Tag turi2 und 4 Stunden mein eigener Dienst. Das ging etwa ein Dreiviertel Jahr so.
Und dann?
Dann stellte sich heraus, dass ich mit mobilbranche.de tatsächlich Geld verdienen konnte. Dann habe ich mein Engagement bei turi2 zunächst herunter gefahren und ab April 2012 nur noch mobilbranche.de gemacht. Also ziemlich genau ein Jahr nach der Gründung.
Hast Du in dieser Zeit auch mal Zeit für eine Pause gehabt?
Maximal 10 Tage, die ich dann mit Freien und helfenden Freunden und Kollegen überbrückt habe.
„Ich verkaufe Premium-Anzeigen zu Festpreisen“
Und woher kommt Dein Geld?
Mir war vom ersten Tag an klar, dass man schon eine Million Page Impressions im Monat haben muss, um mit Bannerwerbung und Adsense Geld verdienen zu können. Deshalb habe ich von Anfang an auf das Modell täglicher Newsletter und selbst verkaufte Premium-Anzeigen gesetzt. Diese Anzeigen verkaufe ich zu Festpreisen.
Wie machst Du das?
Am Anfang habe ich einfach viele Leute angesprochen, die für Anzeigen in Frage kamen. Irgendwann war es dann aber so weit, dass die Leute zusätzlich auch auf mich zukamen. Denn wenn man etwas gut macht und sich einen Ruf erarbeitet, dann werden die Anzeigenkunden aufmerksam. Dass ich mir einen Namen gemacht habe, war für mich das Mittel zum Erfolg. Und dass mobilbranche.de kein Massenmedium, sondern in einer kleinen Nische mit wenig Konkurrenz tätig ist. Heute buchen sogar große Mediaagenturen bei uns.
Was kosten Anzeigen in Deinem Newsletter?
Eine einzelne Text-Bild-Anzeige im Newsletter kostet 250 Euro. Ich habe jetzt zum 2. Mal die Preise erhöht, um sie an die gestiegene Nachfrage und die gestiegene Reichweite anzupassen.
Welche Reichweite bietest Du dafür?
Aktuell habe ich 4400 Abonnenten. Zum Start waren es rund 750 Abonnenten, die ich aus meinem vorhandenen Netzwerk akquirieren konnte.
Wie gewinnst Du die Abonnenten?
Anfangs habe ich gezielt Manager von Firmen in meiner Zielgruppe identifiziert und ihnen den Newsletter sowie mich selbst in persönlichen Mails vorgestellt. Bald kamen dann Medienkooperationen mit Kongressen und Messen hinzu, wo beispielsweise Flyer von mobilbranche.de auslagen. Außerdem werden heute viele neue Abonnenten durch Mundpropaganda oder Social Media auf mobilbranche.de aufmerksam.
Ich habe in Deiner Stellenanzeige im Newsletter von turi2.de gesehen, dass Du aktuell Mitarbeiter suchst. Warum?
Ich muss mich mehr und mehr um die verlegerischen Dinge kümmern. Ich verstehe mich inzwischen mehr als Online-Verleger und fahre meine redaktionellen Aufgaben herunter. Deshalb besetze ich die Redaktion zunehmend mit freien Mitarbeitern. Ich habe festgestellt, dass Werbeverkauf und Marketing so komplexe Themen sind, dass ich da mehr Zeit investieren muss.
Das Geschäftsmodell: Newsletter, Events und Seminare
Finanzierst Du Dich allein mit Werbung?
Nicht mehr. Ich habe nämlich festgestellt, dass das Werbegeschäft extrem schwankt. Deshalb habe ich innerhalb von mobilbranche.de noch weitere Erlösquellen identifiziert. So habe ich etwa Ende 2011 ein Networking-Event mit Podiumsdiskussion eingeführt, den so genannten Mobilisten-Talk.
Und das wirft mehr als nur Lousy Pennies ab?
Die ersten beiden Male war es noch ein Zuschussgeschäft. Seit der Ausgabe 3 ist das ein Geschäft, das sich lohnt.
Wie funktioniert hier Dein Geschäftsmodell?
Beim Mobilisten-Talk ist der Eintritt grundsätzlich frei. Ich habe zwei starke Partner im Hintergrund, die mich unterstützen. Hinzu kommen noch kreative Sponsoring-Pakete für den Networking-Teil, z.B. der offizielle „Currywurst-Sponsor“ des Abends.“ Einen Bericht über den Mobilisten-Talk findest Du hier auf mobilbranche.de.
Ich habe auf deiner Webseite noch ein drittes Geschäftsfeld entdeckt…
Ja, die Seminare, die habe ich ganz neu in diesem Jahr aufgemacht: Ich organisiere Fach-Seminare mit absoluten Top-Referenten. Das kostet dann für Frühbucher 300 Euro und sonst 400 Euro. Im Januar hatten wir das erste Seminar zum Thema „Mobile Payment“. Mit 20 Teilnehmern von vielen renommierten Firmen war es komplett ausgebucht. Das 2. Seminar „App Store Optimization“ ist mittlerweile auch ausgebucht. Das Seminarprogramm für das zweite Quartal findest Du hier.
Mal ganz ehrlich: Seminare, Events, Werbeverkauf und Marketing – bist Du da eigentlich noch Journalist?
Nun ja, wenn ich mir mein Kern-Produkt ansehe, halte ich es für sehr journalistisch. Ich gehe da auch gerne noch redaktionell ran, schreibe zum Beispiel die Top-Meldung des Tages und mache alles händisch. Das ist die gute Schule von Peter Turi. Aber ja, ich hatte zum Beispiel letztes Jahr auf der DJV-Tagung “Besser Online” eine große Diskussion darüber, wie das nun bei mir ist mit der Trennung zwischen Redaktion und Werbeverkauf. Dazu sage ich ganz klar: Die Firmen sprechen entweder in der Rolle als Chefredakteur oder als Werbeverkäufer mit mir, das trenne ich.
Aber Du bist nunmal beides in einer Person. Da könnte die Möglichkeit schon gegeben sein, dass die Trennung verwischt…
Ich habe neulich einen Vortrag von einem Top-Manager der Sunday Times gehört, der über die Affiliate-Links gesprochen hat, mit denen sie ihre Leser direkt aus Rezensionsen in ihren Apps zu Amazon und iTunes führen. Auf die Trennung Werbung Redaktion angesprochen, sagte er: „Das ist Service für den Leser. Der Leser findet es einfach praktisch, wenn sie ein empfohlenes Buch oder eine TV-Serie direkt kaufen können. Übrigens wird es dadurch ja nicht einmal teurer für sie.“ Das hat mir eingeleuchtet. Auch wenn ich nur sehr selten auf Affiliate-Links setze, etwa bei Buchempfehlungen.
„Ich arbeite daran, ein Verlag 3.0 zu werden“
Welche Ziele hast Du mit Deinem Angebot – journalistisch und geschäftlich?
Nun, ich arbeite daran, ein Verlag 3.0 zu werden – der kein Printerzeugnis hat aber eine breite Wertschöpfungskette. Es geht hier nicht darum, dass man als Journalist nebenher ein bisschen blogt, sondern darum, mit journalistischen Inhalten Geld zu verdienen. Ein Blog ist schön für die Selbstvermarktung und als Visitenkarte. Da fallen ein paar Sachen ab, die wieder zu Einnahmen führen. Aber hier geht es um ein Geschäftsfeld, das ordentliche Gewinne einfährt.
Ok, dann mal Butter bei die Fische. Wie hoch sind Deine Einnahmen?
So viel kann ich sagen: Ich hoffe und glaube sehr daran, dass ich 2013 einen sechsstelligen Umsatz einfahren werde. Da ist die Firma jedenfalls auf dem besten Weg.
Hast Du eigentlich Angst, dass das Leistungsschutzrecht für Angebote wie turi2 und mobilbranche.de gefährlich werden könnte?
So wie ich das Leistungsschutzrecht verstehe, sind Aggregatoren wie turi2 und mobilbranche.de nicht gemeint, da ja unsere Teaser händisch geschrieben werden. Generell finde ich den Gesetzentwurf lächerlich, denn die Verlage haben doch die Möglichkeit, ihre robots.txt entsprechend zu schreiben. Doch dann würde zum Beispiel Focus Online 50 Prozent seines Traffics verlieren.
Was macht denn die Inhalte von mobilbranche.de so einzigartig und so wichtig für Deine Zielgruppe?
Wir sind quasi wie die moderne Presseschau, die die wichtigsten Informationen der Branche kurz und knapp redaktionell zusammen fasst und auf die Quelle verlinkt. Je länger es uns gibt, umso fließender werden allerdings die Grenzen zwischen reinem News-Aggregator und einem echten News-Angebot mit exklusiven Inhalten. Auch wenn uns für eigene Recherchen und investigative Arbeit meist die Zeit und Manpower fehlt, bekommen wir doch zwei- bis dreimal im Monat exklusive Informationen. Da macht man dann schon gerne was draus.
Ist mobilbranche.de ein Vorbild für andere Journalisten, die sich selbständig machen wollen?
Angebote wie mobilbranche.de und turi2 kann man nicht ewig replizieren. Wenn es jetzt jeder machen würde, dann funktioniert es nicht mehr. Aber es gibt sicher noch Branchen, wo es einen Bedarf für einen solchen News-Aggregator gibt.
„Journalisten sollten heutzutage verlegerisch denken“
Was würdest Du Journalisten also heute empfehlen, um ihre Lousy Pennies im Netz zu verdienen?
Ich finde, Journalisten sollten heutzutage verlegerisch denken. Sie müssen sich Gedanken darüber machen, wo die Geschäftsmodelle liegen, mit deren Hilfe man mit journalistischen Inhalten Geld im Internet verdienen kann. Bannerwerbung funktioniert nur in den seltensten Fällen, dafür reicht die Reichweite einfach nicht. Man muss ein Premium-Angebot konzipieren, für das Menschen bereit sind, Geld zu zahlen – ob Anzeigenkunden oder Leser.
Und wenn ich das Modell gefunden habe?
Dann heißt es, einen langen Atem zu haben. Man kann nicht erwarten, dass man vom ersten Tag an Geld verdient. Das kann schon ein Jahr oder mehr dauern. Bis dahin heißt es Reichweite aufbauen und die ersten Fans von seinem Angebot überzeugen. Irgendwann kommen auch die ersten Werbekunden, die dann andere Anzeigenpartner nachziehen. Dann erst beginnt man damit, seine Lousy Pennies zu verdienen – und das irgendwann so, dass es ein echtes Business ist.
Florian, vielen Dank für das Gespräch und die tollen Infos.
Ich kann mir gut vorstellen, dass sich als pfiffiger Journalist Geld mit IT-Themen verdienen lässt. Denn wer hat schon Zeit, ständig allen IT-Neuigkeiten hinterher zu jagen, wenn man sich eigentlich in einer ganz anderen Branche tummelt?
Die Frage wäre also, wie sich das Geschäftsmodell von Florian Treiß auf Branchen übertragen ließe, die nicht so hip und schnelllebig sind.
Ich bin sogar absolut überzeugt davon, dass das auch für andere Branchen gilt – vielleicht nicht mit dem absolut identischen Geschäftsmdell, aber mit einer Variante. turi2 hat’s im Medienbereich vorgemacht, für den Reisesektor gibt es auch einen ähnlich erfolgreichen Newsletter. Es gilt hier, wirklich mit viel journalistischem Bauchgefühl die richtige Nische zu finden.
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Ja, ich kann auch nur auf weitere Erfolgsbeispiele verweisen wie reise@vor9 oder electrive.net für Elektromobilität. Auch etailment ist zu empfehlen. Aber 10 Aggregatoren-Newsletter pro Branche wären dann natürlich irgendwann zuviel…
Network-Events veranstalten die klassischen Verlage seit Jahren. Was ist daran neu? Es ist eher ein Zeichen, dass mit Journalismus nichts zu holen ist.
Ich glaube, es ist ein Zeichen, dass man als Unternehmer-Journalist heute solche (Erfolgs-)Modelle besser und leichter für sich selbst adaptieren kann. Oder?
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