HH-Mittendrin – Digitaler Lokaljournalismus in Hamburg
3Twitter ist schon ein fantastisches Medium für uns Journalisten – denn über den Kurznachrichtendienst bin ich kurz nach dem Start von LousyPennies auf Isabella David und ihr Projekt HH-Mittendrin aufmerksam geworden.
Seit Anfang September 2012 betreibt Isabella mit einem kleinen Redaktionsteam aus Studenten und angehenden Journalistinnen und Journalisten das Online-Nachrichtenmagazin über den Bezirk Hamburg-Mitte.
Zeitungsforscher Horst Röper sagt, ja, die „Vielfaltsreserve Internet“ sei die einzige Hoffnung für den Lokaljournalismus im Land. Deshalb war ich gespannt, was Isabella aus der Welt dieser Vielfaltsreserve berichten würde. (Karsten)
Hier ist ihr Gastbeitrag über HH-Mittendrin:
„Tausende Menschen haben keine Lokalzeitung – diese Lücke wollen wir füllen“
Am Anfang stand die Unzufriedenheit. Die Frustration begann direkt vor der eigenen Haustür. Billstedt, der Stadtteil in dem ich wohne, liegt weit im Osten Hamburgs. Hier leben fast 70.000 Menschen und doch gibt es keine eigene Lokalzeitung. Die Berichterstattung in den großen Hamburger Medien beschränkt sich leider allzu oft auf die zugespitzte Beschreibung eines Problembezirks. „Killstedt“ nannte das Hamburger Abendblatt den Stadtteil einmal liebevoll.
Abseits vom Hamburger Abendblatt und der BILD Hamburg (beides Springer Verlag) und der Morgenpost (MoPo Verlag) gibt es in Hamburg kaum noch Lokalzeitungen.
Vakuum bei der lokalen Politik-Berichterstattung
Für viele Stadtteile muss das ElbeWochenblatt diese Lücke füllen. Das Springer-Wochenblatt variiert in der Qualität von Stadtteil zu Stadtteil sehr stark und bleibt eben ein Anzeigenblatt. Die lokale Berichterstattung – gerade auch über politische Themen – kann damit nicht ersetzt werden. Mitten in dieser Wüste des Lokaljournalismus entstand die Idee etwas eigenes auf die Beine zu stellen.
Von Anfang an stellten wir uns den Menschen bei Terminen nicht als Blogger vor, sondern als Redakteure vom Nachrichtenmagazin Mittendrin. Heute – fünf Monate später – bin ich mir immer noch sicher, dass dies der richtige Weg war, um von den Menschen ernst genommen zu werden.
Journalisten, die sich Zeit nehmen? Das ist selten geworden
Die Reaktionen der Menschen waren sehr unterschiedlich. Viele haben uns sofort mit offenen Armen empfangen und freuten sich, dass nun auch über kleine Ereignisse im Bezirk berichtet wird. Oft mussten wir erklären, dass es uns wirklich nur online gibt. Viele Menschen sind beeindruckt, dass es Journalistinnen und Journalisten gibt, die sich Zeit nehmen.
Nirgendwo ist das so wichtig wie im Lokaljournalismus. Das Feingefühl und die ständige Gratwanderung zwischen der notwendigen Nähe und der Professionalität sind die wichtigsten Pfeiler dieser Arbeit.
Aus dem Internet in die Offline-Welt: Die Leser drucken die digitalen Artikel aus
Und es zahlt sich aus: Unsere Artikel werden gedruckt und ausgelegt, in den örtlichen Schaukasten des Bürgervereins gehängt, weiterverbreitet und in selbst produzierten Stadtteilblättern wieder veröffentlicht. Die Ausführlichkeit unserer Artikel wird gelobt und auch, dass wir am Ball bleiben und nach einiger Zeit mal wieder nachhaken.
Besonders oft hören wir von unseren Leserinnen und Lesern, dass sie unseren Texten unsere Leidenschaft und die Freude am Schreiben anmerken. Die Menschen vertrauen uns. Sie kommen mit Geschichten auf uns zu oder geben uns vertrauliche Informationen.
Es steckt noch viel Potenzial in der Sache
Beginne ich nach nun fünf Monaten Arbeit zu resümieren, so kann ich manchmal selbst kaum glauben, was wir in dieser Zeit erreichen konnten. Und das obwohl sich niemand von uns Vollzeit dem Projekt widmen konnte. Das zeigt mir, wie viel Potential noch in der Sache steckt.
Auch in fünf Monaten können wir für uns schon einige Erfolge verbuchen. Meine Redakteurinnen und Redakteure haben sich immer besonders gefreut, wenn wir eine Geschichte vor dem Abendblatt hatten.
Kein Kuscheljournalismus
Mich spornt es besonders an, dass ich Menschen, die anfangs skeptisch gegenüber dem Magazin waren, von uns überzeugen konnte. Das gilt nicht nur für die Menschen aus den Stadtteilen, sondern auch für die Bezirkspolitik.
Wir haben von Anfang an keinen Kuscheljournalismus betrieben. Unsere ersten Artikel im Bereich der Bezirkspolitik wurden als ziemlich kritisch wahrgenommen. Mittlerweile ist es selbstverständlich, dass wir nicht nur darüber berichten, was gut läuft, sondern gerade auch Hintergründe recherchieren, nachfragen und kritisieren.
Wir haben uns bereits nach fünf Monaten ein Netzwerk aufgebaut, das ich nicht wieder missen möchte. Selbst wenn wir irgendwann nicht mehr mit der Seite weiter machen können, waren all die gesammelten Erfahrungen und aufgebauten Kontakte keinesfalls umsonst.
Noch keinen Lousy Penny verdient
Trotz all dieser Erfolge haben wir bisher noch keinen „Lousy Penny“ mit unserem Magazin verdient. Es liegt mir am Herzen, meine Redakteurinnen und Redakteure so schnell wie möglich bezahlen zu können.
Deshalb und, weil wir die Zukunft der lokalen Berichterstattung im Digitalen sehen, beschäftigen wir uns derzeit mit möglichen Ansätzen der Finanzierung. Unser Anzeigenangebot wollen wir vor allem lokalen Unternehmen und Geschäften anbieten.
Die Anzeigenakquise stellt dabei eine besondere Herausforderung dar, da die meisten lokalen Geschäfte bisher nur ganz klassisch auf Papier im Wochenblatt werben. Darüber hinaus soll es bald die Möglichkeit geben, unsere Autorinnen und Autoren durch Micropayment zu unterstützen. Auch soll es einen allgemeinen Spendenbutton für das gesamte Nachrichtenmagazin geben.
Zudem arbeiten wir daran, wie wir auch Crowdfunding, beispielsweise über Krautreporter, für uns nutzen können.
Fazit: Wir nehmen die Herausforderung an
Wir hätten nie gedacht, dass wir mit unserer Idee solche Wellen schlagen können. Wir stehen dennoch noch ganz am Anfang und haben noch längst nicht alle Möglichkeiten der digitalen Lokalberichterstattung ausgeschöpft. Mein Redaktionsteam und ich freuen uns aber darauf, diese Herausforderung anzunehmen und werden uns von ein paar fehlenden Pennies bis auf weiteres nicht abschrecken lassen.
Über die Autorin:
Isabella David ist Politik-Studentin in Hamburg und Chefredakteurin bei www.hh-mittendrin.de.
Fotos: Jonas Walzberg
Aufruf der LousyPennies-Redaktion:
Ihr kennt Firmen, Institutionen und andere mögliche Anzeigenkunden für HH-Mittendrin? Dann weist Sie doch bitte auf das tolle Projekt hin – die Anzeigenpreise sind wirklich günstig. ;-)
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[…] es sich die alten Herren leicht. Die Zielgruppe altert mit der Zeitung, stirbt mit der Zeitung. Das Lokalmedium verliert mit der Zeit an Reputation, bei einigen Texten vermissen jüngere Leser eine politische Ausgewogenheit. Die gewachsene Nähe […]
[…] es sich die alten Herren leicht. Die Zielgruppe altert mit der Zeitung, stirbt mit der Zeitung. Das Lokalmedium verliert mit der Zeit an Reputation, bei einigen Texten vermissen jüngere Leser eine politische Ausgewogenheit. Die gewachsene Nähe […]